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Schattengärten : Im Halbdunkel wächst mehr als man denkt

  • -Aktualisiert am

Auch an beschatteten Plätzen blüht etwas, vor allem im Frühling. Bild: Verlag E. Ulmer

Im Garten zählen nur die Sonnenseiten? Weit gefehlt. Im Dunklen kann es so schön sein.

          5 Min.

          Efeu und Moos, allenfalls ein bisschen Sauerklee. In schattigen Gartenecken sieht es meist eintönig aus. „Da wächst ja nichts“, heißt es dann. Wo keine Sonne hinkommt, ist es dunkel, im besten Fall kühl und feucht. So etwas verspricht zwar an heißen Sommertagen Erholung. Die restlichen Monate scheint Schatten in unseren Breiten aber ein Nachteil zu sein. Diese Plätze haben offenbar einfach Pech, weil Bäume oder Wände den Weg zum Licht verstellen. Rittersporn und Petunien, Sonnenhüte und Rosen wollen dort einfach nicht wachsen. Das macht den Schatten zum Problem.

          Allerdings zu einem, das selbstgemacht ist – durch Ahnungslosigkeit und verschlossene Augen angesichts des Reichtums der Pflanzenwelt. Denn ein Blick in den Wald zeigt: Der Schatten lebt. Abgesehen vom tiefen Nadelwald, wo nur weniges genügend Wasser und Nährstoffe findet, ist der Raum unter Bäumen höchst lebendig und bietet eine vielfältige Flora. Hier wachsen Gräser, Pilze und Bärlauch, hier blühen Buschwindröschen, Lerchensporn, Leberblümchen und Fingerhüte.

          Dass sich sogar ganze Waldgärten anlegen lassen, zeigt die Britin Beth Chatto mit ihrem Woodland Garden, einem Teil ihrer Gartenanlage in Colchester, Essex. Als vor 30 Jahren ein Sturm Schneisen in ein Eichenwäldchen auf ihrem Grundstück schlug, nutzte sie die Gelegenheit, um dort Neues zu wagen. Zu den verbliebenen Eichen pflanzte sie Gehölze wie Hartriegel und Ilex, Hamamelis und Magnolien, schließlich Bodendecker wie Kriechender Beinwell (Symphytum ibericum) und Großblättriges Schaumkraut (Pachyphragma macrophyllum). Im Frühjahr blühen die Gehölze, Narzissen und Buschwindröschen, im Herbst Japanische Anemonen, Alpenveilchen und Herbstzeitlosen. Der Waldgarten beweist, dass es nur darauf ankommt, die geeigneten Pflanzen für einen Standort zu finden – für ihr Credo „right plant, right place“ ist Beth Chatto bekannt.

          Erfahrene Gärtner sehen den Schatten sogar oft eher als Segen denn als Fluch. „Schatten ist total einfach“, sagt Hermann Gröne, Gartengestalter und Staudenexperte. Nicht nur allein wegen der großen Auswahl an attraktiven Pflanzen, sondern vor allem, weil es sich besonders pflegeleicht arbeiten lässt: Eine geschlossene Bodendecke kann man hier problemloser erzeugen als in der Sonne. Dabei muss man nicht zu Dickmännchen (Pachysandra terminalis) greifen, die zum Standardrepertoire gehören und Flächen zwar hübsch, aber etwas phantasielos begrünen. Eine schöne Bodendecke entsteht zum Beispiel auch mit zauberhaften Elfenblumen (Epimedium), mit der goldgelb blühenden Waldsteinia oder mit dem niedrigen Kaukasus-Beinwell (Symphytum grandiflorum). Wenn die Pflanzabstände richtig gewählt sind, kann der Platz nach zwei Jahren so zugewachsen sein, dass er kaum noch Pflege benötigt.

          Blattformen, Strukturen, Grüntöne

          „Rittersporn oder Phlox dürfen Sie hier nicht erwarten“, gibt Gröne zu bedenken. Aber die braucht man auch gar nicht. In den Schattenbeeten des Staudenkenners stehen unter anderem Saruma oder auch Herzblattwurz (Saruma henryi), eine kleine Staude mit weich behaartem Laub und hellgelben Blüten. Oder die Geißbart-Hybride „Horatio“ (Aruncus aethusifolius), deren weiße Blütenrispen vor dunklem Hintergrund fast grafische Wirkung entfalten. Im Spätsommer hat die Wald-Aster (Aster divaricatus) ihren Auftritt, die ein Meer aus kleinen Blütensternen bilden kann.

          Blattformen und unterschiedliche Grüntöne bilden den Schwerpunkt in solchen Gartenbereichen. „Was im Sonnenbeet die Blüten, übernehmen im Schatten die unterschiedlichen Laubstrukturen“, sagt Gartenexpertin Katrin Lugerbauer. Zarter Frauenhaarfarn (Adiantum venustum) neben Elfenblumen (Epimedium), samtiger Frauenmantel (Alchemilla mollis) zwischen gerippten Hosta, der gefiederte Straußenfarn (Matteuccia struthiopteris) vor dem kräftigen Schaublatt (Rodgersia podophylla) – alles interessante Kombinationen fürs Halbdunkel. Viele Beete der Österreicherin, die gerade ein Buch („Schattenstauden. Die dunkle Seite Ihres Gartens“) im Ulmer Verlag veröffentlicht hat, kommen mit wenig Sonne aus. Orte, die sie nie als problematisch wahrgenommen hat, eher im Gegenteil. Denn die Pflanzen wachsen dort nicht so üppig, müssen nicht viel zurückgeschnitten werden. Sie können sich Zeit lassen, wie zum Beispiel der Maiapfel (Podophyllum peltatum) oder die Dreiblattlilie (Trillium), da sie weniger Konkurrenz haben, die sie übertrumpfen müssen. Vor allem aber blüht es schon ab Februar in den Bereichen, die später von Laubbäumen und Sträuchern beschattet werden.

          Denn Schatten ist nicht immer gleich. Er wandert im Tages- und Jahreslauf, kann tief sein, von Mauern, und licht von Bäumen und Sträuchern. Für die meisten Pflanzen ist es ideal, wenn er in die Mittagszeit fällt, Sonne am Morgen und Abend zulässt. An vielen Stellen ist er erst nach dem Laubaustrieb vorhanden, vorher fällt genügend Licht auf die Erde. Das nutzen die Gewächse aus, die schnell zur Blüte kommen und sich im Sommer zurückziehen. Dazu gehören Schneeglöckchen und Bärlauch, Blausterne (Scilla sibirica), Buschwindröschen (Anemone nemorosa) und Hohler Lerchensporn (Corydalis cava). „Richtig bepflanzt, können diese Flächen bis in den Mai hinein bunt blühen“, sagt Lugerbauer. Und sind alles andere als eintönig. Da ist das verwunschen wirkende Salomonssiegel mit kleinen Blütenglöckchen an langen Trieben, da sind die Frühlings-Platterbsen, die immer auch einen Überraschungseffekt ins Beet bringen. Sie verkreuzen und versamen sich bunt durcheinander. Im Sommer wird es zwar ruhiger, doch selbst dann gibt es noch Blüten: von Lilien, Astilben, Wiesenrauten (Thalictrum). Wer mit wenig Mitteln einen lang anhaltenden Effekt schaffen will, pflanzt Christrosen, Farne und Hosta. Sie sehen über Monate gut aus.

          Wo wirklich keine Sonne hinkommt, sind Blattschmuckstauden gefragt. Auch sie brauchen jedoch Licht zur Photosynthese – notfalls die Bäume etwas auslichten, rät Gartenexpertin Katrin Lugerbauer. Hier lassen sich zum Beispiel der Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) mit Großblättrigem Kaukasusvergissmeinnicht (Brunnera macrophylla), Gewöhnlicher Haselwurz (Asarum europaeum) und Schwarzfrüchtigem Christophskraut (Actaea spicata) kombinieren. Am etwas helleren Standort wachsen violett blühender Knotiger Storchschnabel (Geranium nodosum), Felsen-Storchschnabel und Goldnesseln (Lamium).

          Wo kein Rasen wächst, haben es Stauden schwer

          Was wächst, hängt aber nicht nur vom Licht, sondern auch vom Boden ab. „Graben Sie ein Loch und schauen Sie, wie weit sie kommen“, rät die Gärtnerin. „Dann sehen Sie auch, wie die Erde beschaffen ist.“ Ist sie feucht und krümelig? Beste Bedingungen für ein Schattenbeet! Denn Stauden, die aus dem Wald stammen, mögen nicht zu trockenen, humosen Boden und hohe Luftfeuchtigkeit. Andernfalls empfehlen die Experten nachzuhelfen. Eine Humusschicht aufbringen und gegebenenfalls regelmäßig erneuern. Manche Pflanzen geben sich später mit dem trockenen, kargen Boden zufrieden, wenn sie einen guten Start erhalten haben. Doch Vorsicht: Nicht jeder Baum schätzt eine flächendeckende frische Humusschicht auf seinen Wurzeln. Lieber nur stellenweise arbeiten.

          Regelmäßiges Gießen kann eine Möglichkeit sein, den Standort attraktiver zu machen. Viel Trockenheit verträgt aber die Horstige Ungarwurz (Waldsteinia geoides) mit gelben Blüten und wintergrünem Laub, hat Hermann Gröne festgestellt. Die Waldmarbel (Luzula sylvatica), ein Gras mit glänzenden Halmen, sowie die Falsche Alraunenwurzel (Tellima grandiflora) mit zierlichen hohen Blütenständen über Blattrosetten breiten sich schnell aus, wenn ihnen der Standort gefällt.

          Generell gilt: Wo kein Rasen mehr wächst, wird es auch für Stauden schwierig. Da hilft nur Ausprobieren, am besten mit Stauden, die schon im Garten vorhanden sind. Wer Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum) hat, setzt probehalber welchen an die schattige Stelle. „Experimentieren Sie“, regt Lugerbauer an. Denn viele Pflanzen kommen auch an Orten zurecht, die für sie nicht ideal sind. Wenn sie aber aufhören zu wachsen oder sich so sehr nach dem Licht strecken, dass sie sich dabei hinlegen, ist es ein klares Zeichen: Sie gehören dort nicht hin.

          Wirklich schwierig wird es unter hohen Nadelbäumen, Fichten zum Beispiel. Allenfalls Disteln oder einzelne Fingerhüte suchen sich hier ein Plätzchen, Gräser oder Sauerklee. Ähnlich ist es im dichten Wurzelnetz von Birken. Dort sind Halt, Wasser und Nahrung knapp und Versuche, etwas anzusiedeln, zum Scheitern verurteilt. Für solche Beete hat Katrin Lugerbauer einen Trick. „Stellen Sie Kübel mit Hosta, Farnen, kleinen Rhododendron hin.“ Die Töpfe wiederum lassen sich mit Efeu kaschieren, das meist sowieso vorhanden ist. So wird selbst der kargste Schatten grün.

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