Gartenarchitekt Enzo Enea : Der Baumflüsterer
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Lebendige Kunstwerke: Enea sammelt Bäume mit besonderem Habitus. Bild: Enea Landscape Architecture
Der Gartenarchitekt Enzo Enea hat oberhalb des Zürichsees eine Schatzkammer für besondere Exemplare geschaffen. Und widerlegt nebenbei das Klischee, alte Bäume ließen sich nicht mehr verpflanzen.
Kunstwerke werden üblicherweise in Museen präsentiert. Dass auch Bäume Kunstwerke sein können, wissen wir spätestens, seit Enzo Enea sie entsprechend in Szene setzt. „Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum“, schwärmte einst der Schriftsteller Hermann Hesse. Der Schweizer Gartenarchitekt Enea empfindet ähnlich und hat vor acht Jahren auf einem paradiesischen Stück Land nahe Zürich eine grüne Schatzkammer für besondere Bäume geschaffen. Zu ihnen zählt der mehr als 150 Jahre alte Japanische Ahorn, der Bauarbeiten vor dem Züricher Kongresshaus weichen musste. Enea sei Dank, wurde er nicht gefällt und zu Brennholz zerhackt, sondern in sein Baum-Museum gehievt und eingepflanzt. Hier zieht die Majestät mit vielfach verästelter Krone nun die Blicke auf sich. Für den Besitzer ist der Baum eine Trophäe.
„Andere sammeln Uhren, Autos oder Weine, ich sammle Bäume“, sagt der 54 Jahre alte Planer und schwärmt von ihnen als Lebewesen, die ein biblisches Alter erreichen könnten und dem Menschen an Beständigkeit, Macht und Kraft überlegen seien. Die Passion ist nicht nur berufsbedingt. Enea liebt, verehrt Bäume geradezu. Dies spürt man beim Spaziergang mit ihm über das Gelände mit Panoramablick über den Zürichsee und auf die gegenüberliegenden Bergspitzen. Das Baum-Museum erstreckt sich auf rund einem Hektar und ist Teil des Enea-Firmengeländes.
Der Gartenarchitekt hat hier eine magische Szenerie entworfen, perfektioniert durch grünen Rasen und blauen Himmel, der sich über dieser kunstvoll arrangierten Natur wölbt. Gleich am Eingang des Freiluftmuseums für Bäume empfängt den Besucher eine Allee von Sumpf-Zypressen (Taxodium distychium), Nadelbäume mit filigranen samtweichen Nadeln in saftigem Grün, die sich im Herbst orangerot färben. Danach öffnet sich ein Park, in dem die grünen Preziosen präsentiert sind. Bei seiner Hommage an die „Wunderwerke der Natur“ faszinieren ihn vor allem Bäume mit charaktervollem oder malerischem, skurrilem oder bizarrem Habitus, verstärkt durch hohe Stelen und Portale aus hellem Sandstein. So avanciert eine 120 Jahre alte markante knorrige Mädchenkiefer (Pinus parviflora) vor einem Steinportal zur exotischen Chinoiserie, die Silhouette eines hundertjährigen Fächerahorns (Acer palmatum) gerät zum solitären Schaustück. Die muschelrosa Blütenschalen einer filigranen Magnolie kontrastieren mit der streng geometrischen Stele dahinter. Für Enea ist ein Baum immer auch ein wichtiges raumbildendes Objekt, ein Stilmittel, dass er bewusst in seinen Gartenprojekten einsetzt. Hier im Baum-Museum treten die lebenden grünen Kunstwerke mit Skulpturen zeitgenössischer Künstler in einen Dialog, eine überzeugende Liaison aus Natur und Kunst.
„Meine Vorstellung absoluten Glücks“
Mehr als 50 Bäume, etliche älter als ein Jahrhundert, und 25 Arten sind inzwischen hier versammelt, fast alle gerettete „Abfälle“ aus Gärten, die Enea neu gestaltet hat. Sein Baum-Museum ist der Beweis, dass man alte Bäume eben doch verpflanzen kann – womit er sich in bester Nachfolge des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau befindet. Wie das geht? „Mit aufwendiger, an die Kunst des Bonsaizüchtens angelehnter Technik, der Rest ist Betriebsgeheimnis“, verrät er nur.
Das gesamte Areal wurde ihm auf 99 Jahre als Erbpacht von der nahe gelegenen Zisterzienser-Abtei Mariazell-Wurmsbach überlassen. Enea ist nicht nur ein begnadeter Baumflüsterer, sondern seit mehr als 25 Jahren ein in aller Welt gefragter Gartenkünstler, ein Star seiner Branche mit mehr 250 Mitarbeitern und Büros in Miami und New York.
Im Nutzgarten des italienischen Großvaters, der Brunnenbauer in der Emilia Romagna war, hatte Enea als Kind bei Sommerurlauben nach eigenem Bekunden sein sinnliches Erweckungserlebnis. „Die mehr als 100 Jahre alten Obstplantagen, der Duft der Pfirsichbäume faszinierten mich schon damals“, erinnert er sich. „Die Arbeit dort und die Teilhabe am Segen der Natur waren meine Vorstellung absoluten Glücks.“