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Wohnen auf dem Luftschutzbunker

Von BIRGIT OCHS (Text) und STEFAN FINGER (Fotos)

10. März 2021 · Ein Grundstück, schmal wie ein Handtuch und mit unterirdischem Schutzraum: Ein Neubau in Dortmund reagiert darauf mit Leichtigkeit.

Das Grundstück am Ende der kleinen Sackgasse ist schmal wie ein Handtuch und zudem ein wenig verschnitten. Damit nicht genug, erstreckt sich auf 150 Quadratmetern unter der Erdoberfläche ein Weltkriegsbunker. Fünf Meter tief reicht der aus zwei Röhren bestehende Schutzraum. Es ist eine gewaltige Betonmasse, die da im Erdreich steckt und deren Ein- und Ausgänge wie Findlinge in der Landschaft liegen. Die Situation ist weniger ungewöhnlich, als es den Anschein hat. Wo in der Stadt nachverdichtet wird, sind die Verhältnisse selten einfach. Einen Bau nach Schema F kann man in beinahe jedem Fall vergessen, und eventuell überbordenden Ambitionen von Architekten und Bauherren setzen Bodenrückstände und Abstandsregeln zu den Nachbarn Grenzen. Das ist insofern ein Glück, als unter dem Druck der Verhältnisse meist Häuser von äußerer wie innerer Qualität entstehen. Das Haus von Anne und Richard Schmalöer im Dortmunder Stadtteil Hörde zählt dazu. Das hat viel mit der Leichtigkeit zu tun, mit der der Neubau auf die historische Altlast im Untergrund reagiert, ohne diese auszublenden.

Eingangsbereich im Haus des Paares Schmalöer
Eingangsbereich im Haus des Paares Schmalöer

Der Tiefbunker war während des Zweiten Weltkriegs für Werksdirektoren und höhere Angestellte des nahe gelegenen Stahlwerks gebaut worden. Damals prägten die Phoenix-Werke Ost und West mit ihren Hochöfen und Schlackebergen die Umgebung. Eine Werkbahntrasse verlief entlang der Emscher, der „Kloake des Ruhrgebiets“. Ein wenig höher, stadteinwärts gelegen, hatte man für die Führungsriege der Werke schmucke Villen gebaut. Sie prägen das Viertel bis heute. Die Montanindustrie ist verschwunden, ebenso die Werkbahn, und der schmutzigste Fluss der alten Bundesrepublik ist längst renaturiert. Die Emscherpromenade gehört Radlern und Spaziergängern. Ihr Weg führt direkt am Neubau vorbei zum nahen Phoenix-See. Das Gewässer mit seinen hochpreisigen Neubauten entlang des Ufers ist Symbol des Strukturwandels. „An schönen Tagen ist hier die Hölle los“, sagt Richard Schmalöer.

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