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F.A.Z. exklusiv : Zwanziger verklagt im WM-Skandal Kanzlei Freshfields

  • -Aktualisiert am

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger Bild: dpa

Die Wirtschaftskanzlei hat für den DFB den WM-Skandal untersucht. Immer wieder gibt es Kritik an dem Bericht. Jetzt will der frühere DFB-Chef Klarheit vor Gericht.

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          Die Frankfurter Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer sollte für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufklären und vor allem Ruhe in die Erschütterungen des Skandals rund um die dubiosen Vorgänge zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland bringen.

          Jan Hauser
          Redakteur in der Wirtschaft, verantwortlich für Immobilien.

          Die Kanzlei wertete mit einer Mannschaft von 42 Anwälten 740 Aktenordner und 128.000 Emails aus, sprach mit Beteiligten wie Franz Beckenbauer, Günther Netzer oder dem dann gescheiterten ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und fertigte daraus einen etwa 380 Seiten langen Untersuchungsbericht an. Allerdings lautete die Schlussfolgerung: Beweise für einen Stimmenkauf beim „Sommermärchen“ lassen sich nicht finden, dies sei aber auch nicht auszuschließen.

          Seither müssen sich die Rechtsanwälte um den Freshfields-Partner Christian Duve, der die Auswertung leitete, immer wieder Vorwürfe anhören: Zu teuer sei der Bericht, dessen Kosten sich auf einen hohen siebenstelligen Betrag belaufen.

          Der Auftragsarbeit für den DFB habe die unabhängige Perspektive gefehlt. Topfunktionäre, die weiterhin im Verband tätig sind, seien geschont worden. Nicht mal, dass sich Niersbach in einer DFB-Email selbst als „Mitwisser“ des Skandals bezeichnet habe, sei im Bericht ausführlicher beleuchtet worden.

          Streit um fragwürdige Zahlung

          Eine neue Anschuldigung kommt nun von Theo Zwanziger, der bis zum Jahr 2012 DFB-Präsident war. Er klagt nach Informationen der F.A.Z.  gegen ihn betreffende Passagen aus dem Untersuchungsbericht. Es geht um Äußerungen im Freshfields-Report, die im Zusammenhang mit der fragwürdigen Zahlung des DFB von 6,7 Millionen Euro stehen, wie das Landgericht Frankfurt bestätigt: „Die Parteien streiten darüber, ob eine konkrete Äußerung den Eindruck erweckt haben könnte, der Kläger habe Kenntnis vom wahren Verwendungszweck gehabt.“

          Die Summe von 6,7 Millionen Euro hatte der DFB am 27. April 2005 an den Weltfußballverband Fifa überwiesen – mit dem Verwendungszweck der Kostenbeteiligung an einer Fußball-Gala zur WM in Deutschland. „Tatsächlich traf aber weder der Verwendungszweck zu, noch war die Fifa die letzte Empfängerin. Die Freizeichnung der Überweisung erfolgte durch Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger“, steht im Freshfields-Bericht.

          Die Fifa-Gala wurde später abgesagt. Eine Rückforderung des Betrags erfolgte nicht, stellt Freshfields fest. Noch immer ist nicht geklärt, wofür die dubiose Summe verwendet wurde: Stimmenkauf für die WM 2006? Geld für den Wahlkampf des damaligen Fifa-Präsidenten Blatter? Verdeckte Provisionen? Der frühere deutsche WM-Chef Beckenbauer, im Mittelpunkt des Skandals, schweigt zu Hintergründen.

          „Keinen Grund, Inhalte unseres Untersuchungsberichts zu korrigieren“

          Zwar hat Zwanziger damals die Überweisung freigezeichnet, doch er bestreitet, zu dieser Zeit von den wahren Absichten des Geldflusses gewusst zu haben. In der Einleitung des Freshfields-Berichts steht allerdings, dass die Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro „vom OK WM 2006 bewusst falsch deklariert“ wurde.

          Zwanziger war damals neben Beckenbauer, Niersbach und Schmidt Teil des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft (OK WM), wendet sich nun gegen diese Formulierung und will klagen. Kurios ist die Reaktion von Freshfields: Die Kanzlei hält in der Klageerwiderung „ausdrücklich fest“, dass beim Kläger (Zwanziger) „nicht festgestellt“ werden konnte, dass er zu dem damaligen Zeitpunkt eine bewusste Verschleierung gekannt habe.

          Die Äußerung im Bericht sei nicht an Zwanziger „adressiert“, sondern beziehe sich auf das WM-OK als Gremium. Dennoch heißt es bei Freshfields auf Anfrage: Man stünde weiterhin vollumfänglich zu dem ermittelten Sachverhalt und der Würdigung der Ergebnisse des Berichts. „Es gibt daher aus unserer Sicht auch keinen Grund, Inhalte unseres Untersuchungsberichts zu korrigieren oder uns zur Unterlassung der Äußerung dieser Inhalte zu verpflichten.“ Und Zwanziger? Der sagt: „Mit aller Gelassenheit werde ich betrachten, wie sich ein solcher Vorgang prozessual erledigt.“

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