Wirtschaftswissen : Kleine Geschichte der Zentralbank
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Vergleichsweise jung: Das Federal Reserve System mit seiner Führung in Washington entstand 1913 Bild: AFP
Vor 400 Jahren beendete die Wisselbank das holländische Währungschaos - und wurde zum Pionier des Zentralbanksystems. Doch das Modell der modernen Zentralbank entstand allmählich erst im 20. Jahrhundert und ihr Entwicklungsprozess ist längst nicht beendet.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte der Rat der Stadt Amsterdam genug vom Währungschaos in den Niederlanden. Rund 800 verschiedene Münzen aus aller Herren Ländern kursierten damals in der reichen Handelsnation, und die Vielzahl der häufig kaum bekannten Münzen, die zudem nicht selten abgenutzt und beschädigt waren, erleichterte nicht gerade das Geschäft der Kaufleute. Vielmehr erschwerte sie geradezu den Handel, denn ein Kaufmann, der einen der damals sehr verbreiteten Wechsel in Bargeld umtauschen wollte, musste befürchten, zweitklassige Münzen zu erhalten.
Eine Reaktion auf diese unhaltbaren Zustände bestand im Jahre 1609 in der Gründung der Amsterdamsche Wisselbank, die, durchaus unbeabsichtigt, einen beachtlichen Einfluss auf die Entwicklung des Zentralbankwesens nahm. Das Geschäft der Wisselbank („Wechselbank“) ruhte auf zwei Säulen: Wer auf sein Konto Bargeld einzahlen wollte, musste Münzen guter Qualität präsentieren. Zum zweiten wurden die Amsterdamer Kaufleute gezwungen, Wechselgeschäfte ab einem Volumen von 600 Gulden über die Wisselbank abzuwickeln. Da der Wechsel damals im Geschäftsverkehr eine überragende Rolle besaß, bedeutete dies, dass alle wichtigen Kaufleute in Amsterdam ein Konto bei der Wisselbank führen mussten - so wie heute deutsche Geschäftsbanken zur Abwicklung ihres Zahlungsverkehrs ein Konto bei der Bundesbank unterhalten.
Auf diese Weise organisierte die Wisselbank einen effizienten baren und unbaren Zahlungsverkehr. Das ist bis heute eine der wichtigsten Tätigkeiten einer Zentralbank. Man kann die Wisselbank als einen Pionier bezeichnen, auch wenn sie andere typische Aufgaben einer modernen Zentralbank nicht ausübte. Dazu gehört die Ausgabe eines eigenen Geldes. Die Wisselbank genoss zu ihrer Glanzzeit auch im Ausland einen exzellenten Ruf. Danach ging es mit ihr bergab. Im Jahre 1820 musste sie schließen.
Stockholmer Notenpioniere
Die Pionierrolle bei der Ausgabe von Banknoten gebührt der Stockholmer Palmstruch-Bank, der Vorläuferin der Schwedischen Reichsbank. Das im Jahre 1656 gegründete Institut erhielt vom schwedischen König das Recht, Banknoten zu emittieren. Man kann nicht behaupten, dass die Idee an sich unsinnig gewesen wäre: Schweden besaß damals eine Kupferwährung, und die größte Münze wog fast 20 Kilogramm. Das war nicht sehr praktisch.
Leider verdeutlichte bereits das erste Beispiel die mit der Banknote verbundenen Gefahren. Die Palmstruch-Bank versprach, nur Banknoten auszugeben, die durch in ihren Kellern vorhandenes Gold gedeckt sein würden. Wie sich nach einiger Zeit herausstellte, besaß die Bank kaum Gold. Im Gegenzug hatte sie zu viele Noten ausgegeben, die damit so gut wie wertlos wurden. Der Inhaber der Bank wurde zum Tode verurteilt, aber „nur“ ins Gefängnis geworfen. Mit Blick auf die Palmstruch-Bank als Vorläuferin gilt die Schwedische Reichsbank heute als die älteste Zentralbank der Welt.