Ökonomie : Was uns glücklich macht
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Geld macht glücklich - aber nur die Armen. Wenn wir alle mehr verdienen, werden wir nicht zufriedener. Was die Ökonomen von der Glücksforschung lernen können.
In den letzten Jahren hat die Glücksökonomie einen wahren Siegeszug angetreten. Dieses neue Gebiet der Volkswirtschaftslehre hat nicht nur innerhalb der Wissenschaft große Aufmerksamkeit gefunden, sondern ist auch in der breiten Öffentlichkeit stark beachtet worden. Es hat sogar Eingang in Schulen gefunden, in denen jungen Leuten gelehrt werden soll, wie sie glücklich (oder zumindest glücklicher) werden können.
Die Glücksökonomie hat neben der Bestätigung alten Wissens auch überraschende Ergebnisse gezeigt. Bisher war vor allem umstritten, ob Geld glücklich macht. Für manche Leute - und dazu gehören auch die Volkswirte - ist es offensichtlich, dass ein höheres monetäres Einkommen den individuellen Nutzen (oder eben die Lebenszufriedenheit) erhöht. Andere sind völlig überzeugt, dass Glück nichts mit materiellen Dingen zu tun hat, sondern aus dem Inneren eines jeden Menschen kommt.
Demokratie erhöht das Glücksgefühl
Sorgfältige empirische Studien mit vielen Tausenden von Personen zeigen, dass Geld in der Tat glücklich macht. Personen mit höherem Einkommen weisen im Durchschnitt eine höhere Lebenszufriedenheit auf als Personen mit niedrigerem Einkommen. Das Gleiche gilt beim Vergleich zwischen Ländern. Individuen, die in reicheren Ländern wohnen, sind im Durchschnitt glücklicher als solche, die in ärmeren Ländern wohnen.
Allerdings muss sogleich hinzugefügt werden, dass ein höheres Einkommen die Lebenszufriedenheit vor allem bei wirtschaftlich schlechtgestellten Personen steigert. Ist ein mittleres Einkommen erreicht, erhöht eine Einkommenssteigerung das Lebensglück kaum noch. Noch wichtiger ist der Gewöhnungseffekt. Individuen freuen sich über ein höheres Einkommen, aber bereits nach recht kurzer Zeit betrachten sie es als mehr oder weniger selbstverständlich. Die Lebenszufriedenheit nimmt unter sonst gleichen Bedingungen im Laufe der Zeit wieder ab. Eine ähnliche Wirkung hat der soziale Vergleich. Menschen haben die Tendenz, sich mit andern zu messen. Wenn alle einen Einkommensanstieg erfahren, erlebt der Einzelne keine sonderliche Steigerung seiner Lebenszufriedenheit.
Als wichtigste wirtschaftliche Einflussgröße auf das Glück erweist sich die Arbeit. Wer entlassen wird, erleidet einen starken Rückgang der Lebenszufriedenheit, auch wenn das Einkommen gleich bliebe. Das Unglück kommt vom Gefühl, nutzlos zu sein und von der Gesellschaft nicht mehr geschätzt zu werden. Im Unterschied zu einer Einkommensveränderung gewöhnen sich arbeitslose Männer nicht an diesen Zustand; sie sind mit ihrem Leben wenig zufrieden. Arbeitslose Frauen erleiden anfänglich zwar den gleichen Rückgang an Lebenszufriedenheit, sie finden aber durch den Rückzug in die Familie oft eine Tätigkeit, welche die Arbeitslosigkeit für sie erträglicher macht.
Auch soziodemographische Faktoren wie Alter und Familienverhältnisse üben einen nachweisbaren und starken Einfluss auf das Glücksempfinden aus. Besonders wichtig sind die politischen Verhältnisse. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass politische Mitwirkungsrechte die Menschen zufriedener machen. Demokratie ist somit nicht nur eine an und für sich erwünschte Gesellschaftsform, sondern erhöht auch das menschliche Glücksgefühl. Dieses Ergebnis gilt besonders für Demokratien mit direkten Beteiligungsmöglichkeiten mittels Volksabstimmungen, wie sie etwa in der Schweiz, aber auch in einigen anderen Ländern praktiziert wird. Ähnlich glücksstiftend sind dezentrale politische Entscheidungen, wie sie in föderalen Systemen gepflegt werden. Das Glücksgefühl der Menschen steigt, wenn sie politisch ernst genommen werden.