Medizinprofessor Hans Rosling : Die Welt wird besser. Und keiner glaubt es
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Der Medizinprofessor Hans Rosling erklärt mit bunten Pappfiguren die Welt. Seine Vorträge sind auf Youtube ein Hit. Bild: Jürgen Hildebrandt
Hans Rosling, Professor aus Schweden, erklärt die Welt mit bunten Pappfiguren - und ist damit auf Youtube der Hit. Ein Interview über die großen Erfolge in der Armutsbekämpfung, die Ignoranz der Reichen und – Sex.
Herr Rosling, Sie sind der Großmeister globaler Statistiken. Also, wie geht es der Welt?
Die Zustände in der Welt verbessern sich beständig. Sie ist nicht gut, aber viel besser als ihr Ruf. Nur, dass das kaum einer zur Kenntnis nimmt.
Nach allgemeiner Vorstellung ist die Welt dreigeteilt: Reiche Länder, die aufstrebenden Bric-Länder Brasilien, Russland, Indien, China und die armen Länder mit wenig Fortschritt und mit wenig Hoffnung. Was ist daran falsch?
Wenigstens erkennen die Leute langsam, dass es da etwas zwischen armen und reichen Staaten gibt, das man Bric nennt. Das ist gut. Doch nicht gut genug. Denn die Bric-Staaten haben inzwischen lauter Brüder und Schwestern: Indonesien, Thailand, Peru, Türkei und viele andere Länder.
Was wollen Sie damit sagen?
Die Welt lässt sich besser so erklären: Wir haben eine Milliarde Menschen in den Industrieländern von Japan über Europa bis Nordamerika. Denen geht es gut. Wir haben zwei Milliarden Menschen in Teilen Afrikas und in ländlichen Regionen Asiens, die leben in armen Verhältnissen. Doch wir haben vier Milliarden Menschen in den Schwellenländern. Sie repräsentieren die Mehrheit der Weltbevölkerung. Sie füllen die Kluft zwischen arm und reich.
Aber unterscheiden sich die Leute aus den aufsteigenden Ländern wirklich gravierend von den ganz Armen?
Aber ja, Sie haben elektrischen Strom zuhause, sie haben zwei Kinder, die geimpft sind und zur Schule gehen.
Das heißt, sie können lesen und schreiben.
Natürlich! 80 Prozent der Menschen auf der Welt können lesen und schreiben. In Europa glauben die Leute aber, dass 60 Prozent der Menschen Analphabeten sind. Das haben wir in Umfragen in England und Schweden festgestellt. Die vier Milliarden sind schon viel weiter, als wir uns vorstellen. Die Europäer haben nicht einfach eine falsche Vorstellung, was im Rest der Welt vor sich geht. Viele sind schlicht ignorant.
Wo kommt die von Ihnen diagnostizierte Ignoranz her?
Mir ist der Verdacht gekommen, dass die Comic-Reihe „Tim und Struppi“ nicht ganz unschuldig ist.
Tim und Struppi?
Der Abenteurer Tim ist für mich das Symbol eines netten Menschen, der im reichen, klugen Teil der Welt lebt, von wo er regelmäßig in als skurril unterentwickelt gezeichnete Länder aufbricht, um dort die Angelegenheiten zu regeln. Tim steht für eine starre, etwas herablassende und Fortschritte ignorierende Geisteshaltung, die für Europa typisch ist.
Das behaupten Sie einfach mal.
Nein, ich kann das beweisen. Vor nicht allzu langer Zeit starben zwei bis drei Millionen Kinder jedes Jahr an Masern. Dann begannen die Impfungen. Heute sterben 200.000 Kinder. Als wir in Schweden gefragt haben, wie hoch der Anteil der Menschen in Afrika ist, die gegen Masern geimpft wurden, war die Antwort: 33 Prozent. Es sind aber 80 Prozent.
Impfungs-Statistiken verlangen Spezialkenntnisse.