Studie : Kündigen? Schluss machen? Wirf ’ne Münze!
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Zahl oder Kündigung? Bild: dpa
Kein Witz: Hunderte Leute haben sich bereit erklärt, die Entscheidung über ihre Ehe oder ihre Stelle per Münzwurf zu treffen. Ihre Erfahrungen geben einen wertvollen Tipp fürs Leben.
Die Beziehung ist wirklich nicht mehr das, was sie mal war – soll ich Schluss machen? Oder: Der neue Chef nervt – soll ich die Stelle wechseln? Solche Entscheidungen trifft keiner, indem er eine Münze wirft. Sollte man meinen. Hunderte Leute haben es trotzdem getan.
Dafür verantwortlich ist Steven Levitt, Ökonom an der Universität Chicago. Levitt ist Co-Autor des populären Buchs „Freakonomics“, das sich monatelang auf den Bestsellerlisten gehalten hat. Im Blog zum Buch boten die Autoren an, den Computer einen Münzwurf simulieren zu lassen. „Manchmal steht man im Leben vor einer großen Entscheidung und weiß einfach nicht, was man tun soll“, hieß es auf der Webseite, die inzwischen abgeschaltet ist. „Man hat die Frage von allen Seiten betrachtet. Aber keine Entscheidung scheint richtig zu sein.“ Wer mitmachte, musste einen Fragebogen ausfüllen – und einen Zeugen dafür benennen, dass der Münzwurf tatsächlich beachtet wurde.
Auf diese Weise engte der Forscher die Gruppe der Leute ein, mit denen er sein Experiment macht – und damit auch die Gruppe, für die seine Folgerungen gelten: Es sind Menschen, die sich über ihre Entscheidung viele Gedanken machen und sich trotzdem unsicher sind. Genau um diese Leute geht es ihm. Dass die meisten Leute unter einer Scheidung litten, stehe außer Frage, findet Levitt. Aber: „Eine viel interessantere Frage ist, ob sich die Scheidung als richtig herausstellt, wenn man schon darüber nachdenkt.“
Mindestens 2000 Menschen folgen dem Rat der Münze
Trotz dieser Einschränkungen fanden sich mehr als 20.000 Menschen, die eine Münze werfen wollten. Für seine Studie kontaktierte Levitt diese Leute und ihre Zeugen einige Monate später wieder. Längst nicht jeder war dem Rat der Münze tatsächlich gefolgt – vor allem dann, wenn es nicht bei einfachen Fragen blieb („Soll ich eine Diät machen?“), sondern um lebensverändernde Entscheidungen ging wie „Soll ich kündigen?“, „Soll ich Schluss machen?“ oder „Soll ich ein Unternehmen gründen?“. Manchem mag angesichts des Münzwurfs sogar klar geworden sein, welche Entscheidung die richtige ist.
Trotzdem zeigt sich in den Entscheidungen der Versuchsteilnehmer der Einfluss der Münze deutlich. Viele hätten sich ohnehin so entschieden, wie es die Münze sagte – doch selbst wenn man diesen Effekt berücksichtigt, bleiben mindestens 2000 Menschen, die sich nach dem zufälligen Rat gerichtet haben.
Glücklicher wird, wer die Veränderung durchzieht
Das gab dem Forscher die Chance zu untersuchen, welche Entscheidung für unentschlossene Leute die bessere ist. Schließlich weiß er, dass sie ihre Entscheidung nicht nach eigenen Gründen getroffen haben, sondern schlicht nach dem Zufall der Münze. Und das führt zu einer deutlichen Erkenntnis.
„Sind Sie glücklich?“ Diese Frage stellte Levitt den Leuten vor dem Münzwurf und nach einigen Monaten wieder, jeder Teilnehmer gab sich 1 bis 10 Punkte. Die Antworten auf diese Frage hängen typischerweise sehr davon ab, ob die Leute gerade gute oder schlechte Laune haben. Trotzdem war die Veränderung ungewöhnlich deutlich. Wer nach dem Münzwurf sein Leben tatsächlich veränderte, der wurde glücklicher. Nach einem halben Jahr fühlten sich die Leute, die ihr Leben verändert hatten, durchschnittlich zwei Glückspunkte besser als die Leute, die nichts getan hatten – und zwar gerade die Leute, bei denen es um wichtige Lebensentscheidungen ging.
Das passt dazu, was Psychologen und Ökonomen schon seit einiger Zeit wissen. Menschen haben eine Tendenz dazu, alles so zu lassen wie es ist. „Status Quo Bias“ nennen Experten dieses Verhalten: Der Mensch mag Wandel nicht übermäßig. Wer trotzdem überlegt, ob mal eine Änderung fällig wäre – der sollte es tun.
Entsprechend lautet der Rat des Forschers nach seinem Experiment: „Ich glaube nicht, dass die Leute selbst eine Münze werfen sollten. Wenn sie sich nicht entscheiden können, sollten sie das Neue wählen.“