Handelsstreit mit Amerika : Freihandel, jetzt erst recht!
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Am Freitag in Kraft getreten: Die Handelszölle des amerikanischen Präsidenten auf Stahl und Aluminium Bild: AFP
Wie soll die EU auf Donald Trump reagieren? Die fünf Wirtschaftsweisen äußern in einem Gastebeitrag für die F.A.S. eine klare Meinung.
Am Freitag ist die vom amerikanischen Präsidenten angekündigte Zollerhöhung auf Stahl und Aluminium in Kraft getreten. Dass gerade die Vereinigten Staaten, bisher Vorreiter des Freihandels, neue Handelsbarrieren errichten, führt weltweit zu großer Besorgnis. Eine Zuspitzung der Auseinandersetzung durch eine Spirale protektionistischer Maßnahmen oder gar ein Handelskrieg wie in den 1930er Jahren wären für die Weltwirtschaft fatal. Eine solche Eskalation würde internationale Wertschöpfungsketten beeinträchtigen und hätte negative Auswirkungen auf die globale und die deutsche Wirtschaft, aber auch auf die Vereinigten Staaten selbst.
Wenngleich einige Staaten – einschließlich der Europäischen Union (EU) – in letzter Minute noch zumindest zeitweise Ausnahmen von den Zöllen aushandeln konnten, ist die aktuelle Entwicklung ein Weckruf. Denn die handelspolitische Herausforderung ist damit nicht beendet. Die EU, die für alle Mitgliedstaaten die handelspolitischen Entscheidungskompetenzen besitzt, muss daher umgehend eine von allen Mitgliedstaaten getragene Strategie entwickeln, um rasch und angemessen reagieren zu können. Die Strategie der EU sollte aus drei Elementen bestehen: dem Ausloten der vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten der Welthandelsorganisation (WTO), einem fortgesetzten Werben für die Vorzüge des Freihandels und – als wichtigstes Element – dem Versuch, die aktuelle Auseinandersetzung zu nutzen, um den Freihandel mit den Vereinigten Staaten und mit anderen Partnern zu vertiefen.
EU sollte aktuelle Kontroverse als Chance sehen
Den Ausgangspunkt für alle Maßnahmen bildet das Regelwerk der WTO. Dort ist das Vorgehen zur Sanktionierung von Regelverstößen kodifiziert. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden. Nur mit einem gemeinsamen Vorgehen wird die Staatengemeinschaft in der Lage sein, dem protektionistischen Verhalten der Vereinigten Staaten Einhalt zu gebieten. Dabei gibt es schon allein deswegen keinen Grund für ein überhastetes Vorgehen, weil die Zollerhöhung nur einen kleinen Teil der amerikanischen Importe betrifft. Aluminium und Stahl machten rund 1 Prozent der gesamten amerikanischen Importe im Jahr 2016 aus.
Zudem ist die Entscheidung von Präsident Trump kein einmaliger Vorgang in der Geschichte. So hat Präsident George W. Bush im Jahr 2002 ebenfalls einseitig die Zölle auf Stahl erhöht und im darauffolgenden Jahr die Erhöhung auf Drängen der WTO und der Staatengemeinschaft zurückgenommen. Darüber hinaus sollte die EU die Vorteile eines ungehinderten internationalen Austauschs von Waren und Dienstleistungen offensiv kommunizieren, um auf die Diskussion in den Vereinigten Staaten und andernorts einzuwirken. Denn anders als die merkantilistische Rhetorik von Donald Trump suggeriert, ist der internationale Handel kein Nullsummenspiel. Er ist vielmehr eine entscheidende Quelle des weltweiten Wohlstands.
Dies belegt die Entwicklung der vergangenen 25 Jahre besonders eindrücklich. Der starke Anstieg der globalen wirtschaftlichen Integration, der sich besonders ausgeprägt seit Ende der 1980er Jahre vollzogen hat, ging mit einem enormen Anstieg des Wohlstands in fast allen Ländern einher. Gleichzeitig ist die Zahl der weltweit in Armut lebenden Menschen trotz gleichzeitigem Bevölkerungswachstum deutlich zurückgegangen, und die Ungleichheit zwischen den Volkswirtschaften hat abgenommen.