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Russischer Wirtschaftsminister : „Sanktionen haben keine großen Folgen“

Tiefster Punkt der Wirtschaftskrise überwunden: Alexey Ulyukaev Bild: Verena Müller

Russland leidet unter dem niedrigen Ölpreis. Wirtschaftsminister Uljukajew zur aktuellen Lage, dem Privatisierungskurs und seiner Verwicklung in die „Panama Papers“.

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          Herr Minister, die russische Wirtschaft steckt in einer tiefen Rezession. Wann fasst sie wieder Tritt?

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

          Wir haben den tiefsten Punkt des Abschwungs überwunden. Das war Mitte 2015 mit einem Minus von 4,5 Prozent. Seither bessert sich die Lage jeden Monat. Im ganzen Jahr waren es 3,7 Prozent. Noch schrumpft die Wirtschaft ein wenig, im April um 0,7 Prozent. Aber ich denke, dass wir im August die Nulllinie erreichen. Wir verzeichnen eine sehr langsame, aber positive Dynamik.

          Was heißt das für das Jahr?

          Unsere Vorausschau liegt bei einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von minus 0,2 Prozent. Mein Gefühl ist, dass es ein bisschen besser werden wird, vielleicht knapp oberhalb der Nulllinie. Im nächsten Jahr werden wir dann wieder eine Wachstumsrate mit einer 1 vor dem Komma haben.

          Ein Grund für die Schwäche ist der Verfall der Öl- und Gaspreise. Dann kamen die EU-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise. Welche Folgen haben die?

          Sie hatten starken Einfluss, weil uns der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten erschwert wurde. Das tat den Unternehmen weh, vor allem in den Jahren 2014 und Anfang 2015. Denn sie hatten, anders als der russische Staat, hohe Auslandsschulden. Die mussten bedient werden, ohne dass die Unternehmen sich am Kapitalmarkt refinanzieren konnten. Das Ergebnis war ein großer Kapitalabfluss von mehr als 150 Milliarden Dollar 2014 und nochmals 57 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.

          Mit welchen Konsequenzen?

          Das hat auf die Zahlungsbilanz gedrückt mit einer ganze Kette von Schwierigkeiten: Abwertung des Rubels, Inflation, Budgetprobleme. Inzwischen ist die Lage wieder besser. Auch weil die Preise für Öl und Gas wieder angezogen haben. Die Zahlungsbilanz ist wieder positiv. Die Aussichten hellen sich auf. Die Inflation hat sich auf 7 Prozent mehr als halbiert, die Lage normalisiert sich.

          Die Sanktionen laufen ins Leere?

          Wir sind nicht glücklich mit den Sanktionen, aber sie haben keine großen makroökonomischen Folgen mehr. Dennoch: Das Schlüsselwort in der Wirtschaft heißt Vertrauen. Wie sollen wir miteinander Handel treiben, wenn wir uns gegenseitig nicht vertrauen?

          Teile der deutschen Wirtschaft, aber auch der Regierung, wollen die Sanktionen schrittweise zurückfahren.

          Wir freuen uns über jede vernünftige Idee, auch über diese. Lassen sie uns wieder gemeinsam den Weg zu einem besseren Verhältnis einschlagen.

          Dann wird Ihre Regierung die Gegensanktionen fallenlassen?

          Wenn es auf der einen Seite guten Willen gibt, dann wird es den auch auf der anderen Seite geben.

          Ihre Regierung versucht, Importe durch Eigenproduktion zu ersetzen, auch um die wegen der Gegensanktionen fehlenden Importe aus der EU oder der Türkei auszugleichen. Gelingt das?

          Die Substitution hat wenig mit den Gegensanktionen zu tun. Sie ist vor allem eine Folge der weltwirtschaftlichen Lage und der Rubel-Abwertung. Dadurch wurde die Einfuhr viel teurer, die Nachfrage verschob sich zu heimischen Gütern. Wir helfen, deren Produktion anzukurbeln. Eine Folge war am Anfang, dass die Lebensmittelpreise stark anzogen. Aber das ist inzwischen Geschichte.

          In deutschen Zeitungen ist zu lesen, dass es schwerfällt, guten Käse in russischen Supermärkten zu kaufen, weil er nicht mehr eingeführt werden darf.

          Das sind falsche Berichte. Bitte, kommen Sie nach Moskau und sehen sich um. Natürlich können mal Spezialitäten fehlen, wie Parmesan-Käse. Aber die Geschäfte bieten guten russischen Käse an.

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