Vor der Kultusministerkonferenz : Fachleute raten: Lehrer nach Leistung bezahlen
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Seit wenigen Wochen wird auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, was für Fachleute schon lange kein Geheimnis mehr ist: In naher Zukunft werden Deutschlands Schulen nicht mehr genügend Lehrer einstellen können. Es werden mehr Lehrer aus dem Beruf ausscheiden als neue nachrücken. Einzelne Bundesländer haben auf diesen Mangel ihre eigene Antwort gefunden: Durch eine höhere Vergütung und eine schnellere Verbeamtung wollen sie mehr Lehrer anlocken. Weil das nur auf Kosten anderer Bundesländer geht, streiten die Kultusminister nun darüber, ob solche Abwerbeversuche legitim sind. Darüber werden sie wahrscheinlich auch auf der Kultusministerkonferenz an diesem Donnerstag und Freitag in Stralsund sprechen.
Nun sollte man meinen, dass ökonomisch denkende Menschen, die dem Wettbewerb grundsätzlich viele positive Wirkungen zutrauen, auch den föderalen Wettbewerb um die knappen Lehrkräfte gutheißen. Doch sind sie wenig begeistert. „Die Qualität des Unterrichts wird dadurch nicht steigen, und den Mangel an Lehrern behebt man so auch nicht“, urteilt die Bildungsökonomin Kerstin Schneider von der Bergischen Universität Wuppertal. Und Helmut E. Klein, der am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zu allgemeinbildenden Schulen forscht, erläutert: „Wir befinden uns weiterhin in einer Mangelwirtschaft, und jedes Bundesland schaut nur, wie es für sich selbst am besten rauskommt.“ Mit ihren Abwerbeaktionen lenkten die Länder von den wirklichen Problemen ab, nämlich dass sie zu viele Kandidaten für ein Lehramtsstudium gewönnen, die für den Beruf nicht geeignet seien, und dass sie es versäumt hätten, ausreichend geeignetes Personal für den Lehrerberuf auszubilden.
Leistungsgerechte Vergütung?
Doch wie kann man mehr und auch motiviertere Menschen für den Lehrerberuf erwärmen? IW-Forscher Klein erhofft sich Impulse von einer leistungsgerechten Vergütung der Lehrer. Das könnte helfen, das Image des Berufes zu verbessern und ihn für mehr junge Leute attraktiv zu machen. Der Bildungsforscher verweist auf das Beispiel Finnland, wo die Attraktivität des Lehrerberufs schon fast sprichwörtlich ist. Von den vielen, die Lehrer werden wollten, würden nur die Besten nach einer Aufnahmeprüfung zum Studium zugelassen. Später würden dann etwa 40 Prozent des Gehalts leistungsabhängig bezahlt – bei insgesamt viel niedrigerem Gehaltsniveau.
Auch Bildungsökonomin Schneider befürwortet eine leistungsabhängige Bezahlung. Dass sich dann mehr Menschen entschieden, Lehrer zu werden, könne man allerdings nur hoffen, sagt sie. Genauso wie Klein ist sie aber überzeugt, dass eine Belohnung guter Leistungen viel mehr leistungsbereite und motivierte Kandidaten anzöge. Das sei wichtig, weil die Qualität der Lehrkräfte von großer Bedeutung für den Bildungserfolg der Schüler sei, erklärt Schneider. So habe eine amerikanische Studie gezeigt, dass gute Lehrer Unterschiede, die durch die soziale Herkunft entstünden, sogar ausgleichen könnten.
Falsches Vergütungssystem
Einig sind sich die Bildungsforscher darin, dass das derzeitige Vergütungssystem nicht geeignet ist, die besten Kandidaten für den Beruf zu gewinnen. Es sei geprägt von hohen Einstiegsgehältern, die später nur noch langsam anstiegen, und zwar vor allem mit zunehmendem Alter. Wohl auch deshalb gäben viele Lehrer als wesentliche Gründe für die Wahl des Berufes die Arbeitsplatzsicherheit und die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit an. Für ehrgeizige junge Menschen sei ein solches Vergütungssystem nicht attraktiv. Sie erwarteten, dass persönliches Engagement belohnt werde.