Vor BVG-Urteil : Die Euro-Rettung wird zur Dauerbaustelle
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Eine Gemeinschaft, viele Krisenherde: Niemand weiß, ob das Volumen des Rettungsfonds ausreicht Bild: Interfoto
Am 12. September entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Eilanträge zum ESM-Vertrag. Weitreichende politische Entscheidungen wird es bis dahin kaum geben.
Mario Draghi sprach für viele Akteure, die sich derzeit wieder einmal um Euro-Rettung bemühen. Die „angemessenen Modalitäten“ für den abermaligen Aufkauf von Anleihen angeschlagener Eurostaaten durch die Europäische Zentralbank (EZB) müssten in den kommenden Wochen erst noch erarbeitet werden, sagte der EZB-Präsident nach der Zentralbankratssitzung am Donnerstag. Draghi dämpfte damit die durch diverse Medienberichte geschürten Erwartungen, die EZB werde ganz kurzfristig zusammen mit dem Krisenfonds EFSF in großem Stil Anleihen aufkaufen und damit die Zinsen auf italienische und spanische Anleihen senken. Es gilt für fast alle akuten Baustellen der Euro-Rettung: „Angemessene Modalitäten“ sind erst noch zu erarbeiten. Zu vieles ist offen, zu vieles ist ungelöst.
Dass die EZB entgegen mancher Erwartung nicht sofort zum groß angelegten Anleihenaufkauf übergeht, hat zwei Gründe: Zum einen will Draghi den Eindruck vermeiden, die betroffenen Länder könnten Erleichterung zum Nulltarif erwarten. Zum anderen wird die geplante „konzertierte Aktion“ von EZB und Krisenfonds - der Fonds kauft Anleihen auf dem Primär-, die EZB nimmt ihr Aufkaufprogramm auf dem Sekundärmarkt wieder auf - erst möglich, wenn klar ist, dass der EFSF-Nachfolger ESM auch Bestand hat. Das wird sich erst mit dem für den 12. September angesetzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Eilanträge zum ESM-Vertrag entscheiden.
Mehr oder weniger offene Drohungen
Nicht zu vergessen bleibt: Jeglicher Anleihenaufkauf durch EFSF oder ESM (oder durch die EZB in deren Auftrag) setzt einen Antrag des betroffenen Landes und eine Billigung durch die Eurogruppe voraus. Immer noch ist offen, ob die bisher zögerlichen Regierungen in Rom und Madrid wirklich bereit wären, einen solchen Antrag zu stellen. Die Regierungen müssten sich zu Spar- und Reformschritten verpflichten, die wohl über die Auflagen aus den laufenden EU-Defizitverfahren hinausgingen. Auch ist - mindestens bis zu den Parlamentswahlen in den Niederlanden, die ebenfalls am 12.September stattfinden - die Billigung neuer Hilfen durch die Eurogruppe nicht gesichert. Die Regierungen in Den Haag und Helsinki haben mehr oder weniger offen damit gedroht, den Anträgen nicht stattzugeben.
Hinter der Diskussion über die Anleihenkäufe steckt unverändert die Frage, ob Spanien und Italien auf Dauer um ein volles Hilfsprogramm mit scharfen Auflagen herumkommen. Die Staats- und Regierungschefs des Euroraums hatten mit ihrer Gipfelerklärung Ende Juni signalisiert, dass sie ein solches Programm mit allen Mitteln verhindern wollen. Das Hilfsprogramm für die spanischen Banken und die De-facto-Einladung an Italien, einen Antrag auf Hilfe über einen Anleihenaufkauf zu „weichen“ Konditionen zu stellen, beeindruckten die Finanzmärkte indes nicht wirklich. Klar ist: Sollte eines der beiden großen Euro-Länder tatsächlich komplett vom Marktzugang abgeschnitten werden, stieße der Fonds schnell an seine Grenzen. Sofort begönne die Diskussion um die Höhe der „Brandmauer“, sprich den Umfang des ESM, von neuem. Schon deshalb schrecken nicht nur die Regierungen Spaniens und Italiens, sondern alle Eurostaaten vor einem kompletten Hilfsprogramm nach dem Vorbild der Programme für Griechenland, Irland und Portugal zurück.