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Elektro-Prämie : Viel Lob und heftige Kritik für Elektro-Schäuble

  • -Aktualisiert am

Der Kauf von Elektroautos soll künftig gefördert werden. Bild: dpa

Lange wehrte sich der Finanzminister gegen eine Förderung der Elektroautos, nun will er sie unterstützen. Nicht von überall kommt jedoch Lob.

          3 Min.

          Nach der Aussage von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), einer Förderung von Elektroautos nun doch nicht mehr im Wege zu stehen, ist die Kritik der Gegner und die Freude der Befürworter gleichermaßen groß. Noch vor drei Wochen war die Haltung Schäubles klar wie die Luft um ein Elektroauto herum. Er habe zwei Argumente gegen eine Prämie: kein Geld sowie ordnungspolitische Bedenken. Ironisch fügte er hinzu, man werde aber eine gemeinsame Lösung finden, die es auch der deutschen Autoindustrie ermöglichen werde, zu überleben.

          Diese „Überlebensstrategie“ scheint jetzt gefunden. Schäuble signalisierte in dieser Woche erstmals Bereitschaft, eine Kaufprämie mitzutragen. „Es kann sein, dass wir einen begrenzten Anreiz vereinbaren werden“, sagte der CDU-Politiker. „Es wird nicht in der Größenordnung sein, die ich vor längerer Zeit öffentlich gelegentlich gehört habe.“ Im Gespräch ist eine Kaufprämie von 5000 Euro, wobei die Industrie einen Anteil mittragen soll. Er sei mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einig, dass die Lösung nicht alle Erwartungen von Autoverbandsvertretern erfüllen werde. Das sei auch nicht die Aufgabe von Politik.

          Neben einer direkten Förderung durch eine Kaufprämie ist eine indirekte durch Abschreibungen im Gespräch, die jedoch Privatpersonen kaum helfen würde. „Gut, dass der Bundesfinanzminister offensichtlich die Notwendigkeit einer Kaufprämie für Elektrofahrzeuge verstanden hat“, sagte Sören Bartol, Verkehrspolitiker und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, dieser Zeitung. „Bei der Ausgestaltung sehe ich Spielraum.“ Bartol hält eine unterschiedliche Höhe des Zuschusses für sinnvoll, je nachdem ob die Fahrzeuge vollelektrisch oder als Hybridfahrzeuge unterwegs seien. „Wir werden nur dann Geld der Steuerzahler in die Hand nehmen, wenn sich die Automobilwirtschaft an der Finanzierung beteiligt.“

          Linke: „Eine sozial-ökologische Fehlleistung“

          Unterstützer für die Prämie gibt es bei den Grünen. „Schäuble scheint endlich erkannt zu haben, dass er finanzielle Impulse für E-Mobilität setzen muss - er weiß, dass die Bundesregierung am selbstgesteckten Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 gemessen wird“, sagte der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter der F.A.Z.. „Halbe Kraft wird für dieses Ziel aber nicht reichen. Deshalb schlagen wir schon lange eine Kaufprämie für Elektroautos von 5000 Euro vor.“

          Gar nicht anfreunden kann sich der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs mit der Kaufprämie. Die sei „so ziemlich das Unsozialste, was ich mir vorstellen kann“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union. „Wer so viel Geld hat, um sich als Privatperson die Anschaffung eines Elektroautos leisten zu können, erhält obendrauf noch 5000 Euro. Und ökologisch sinnvoll ist das auch nicht.“ Bei den derzeitigen Batteriereichweiten sei das Elektroauto im Zweifel nur das Zweitfahrzeug für den Stadtverkehr. „Was wir brauchen, sind leistungsfähigere Batterien. Solange die nicht am Start sind, bleibt die Elektromobilität eine Spleen für vermögende Ökos.“

          Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, stößt ins gleiche Horn. Sie findet, dass „die Elektroauto-Kaufprämie eine sozial-ökologische Fehlleistung“ ist. „Sie ist letztlich ein Förderprogramm für den Kauf teurer Zweit- und Drittwagen mit ökologischem Mäntelchen für Besserverdienende.“ Wenn die Regierung wirklich etwas für die ökologische Mobilität tun wollte, dann sollte sie dringend die Regionalisierungsmittel erhöhen, um die aktuell drohende Abbestellung von Bahnverbindungen als existierende Elektromobilität zu verhindern. „Dort wäre das Geld sehr viel besser aufgehoben.“

          Der Verband der Automobilindustrie verweist auf die Position von Präsident Matthias Wissmann: Es sei „dringend notwendig, die erforderlichen Maßnahmen zum Aufbau einer bundesweiten Ladeinfrastruktur sowie gezielte direkte oder indirekte Marktanreize zu realisieren“. Schäuble findet die Ladeinfrastruktur auch wichtig. Die staatliche Förderung der E-Autos will er über den Energie- und Klimafonds abwickeln. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte der F.A.Z. dazu: „Unterm Strich ist es egal, ob eine neue Subvention aus einem Fonds oder direkt dem Bundeshaushalt fließt - das Geld der Steuerzahler ist verplempert.“ Und er fügt hinzu: „Der Finanzminister solle „lieber in bessere Rahmenbedingungen für die gesamte deutsche Wirtschaft investieren, statt eine Abwrackprämie 2.0 aufzulegen.“

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