Verfassungsgericht : Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen verfassungsgemäß
- Aktualisiert am
Karlsruhe hat das Gesetzespaket gebilligt, mit dem Rot-Grün 2002 Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem durchgesetzt hatte - ohne Zustimmung des Bundesrats. Dagegen hatten Baden-Württemberg und das Saarland geklagt.
Zahntechniker und Apotheken fühlten sich in ihrem wirtschaftlichen Bestand bedroht. In ihrer Existenznot zogen sie vor das Bundesverfassungsgericht - und unterlagen jetzt im Streit gegen die Bundesregierung. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich jenes Gesetzespaket gebilligt, mit dem die rot-grüne Regierungskoalition im Dezember 2002 Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen durchgesetzt hatte. Die CDU-geführten Bundesländer Baden-Württemberg und Saarland hatten eine Normenkontrollklage dagegen eingereicht. Sie sahen die Grundrechte der Leistungsanbieter durch das "Beitragssatzsicherungsgesetz" verletzt. Zudem vertraten sie den Standpunkt, die Bundestagsmehrheit hätte damals den von der Union beherrschten Bundesrat um Zustimmung bitten müssen. Diese Argumente hat nun der Zweite Senat allesamt verworfen, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte.
Mit dem damals heftig umstrittenen Maßnahmenbündel wollte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) einen Anstieg der Beiträge für die gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung verhindern. Als sogenanntes Vorschaltgesetz sollte es den Krankenkassen vor einer umfassenden Reform finanziellen Spielraum für strukturelle Veränderungen verschaffen. So wurden Apothekern, Großhändlern und Pharmaherstellern Zwangsrabatte zugunsten der Krankenkassen auferlegt. Zahntechniker, Ärzte und Krankenhäuser mußten Preissenkungen und Nullrunden hinnehmen; die Einkommensgrenze für die Versicherungspflicht wurde deutlich angehoben und damit der Zugang zur Privatversicherung beschnitten.
Das Bundesverfassungsgericht räumte zwar ein, daß jede Preisreglementierung die berufliche Betätigung berühre. Solche "Berufsausübungsregelungen" müßten durch "vernünftige Gründe des Gemeinwohls" gerechtfertigt sein. Dazu gehöre die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Eingriffe durch das Beitragssatzsicherungsgesetz seien überdies geeignet und erforderlich gewesen, um diesen Zweck zu erreichen. Diese Preisregulierungen seien den Betroffenen auch zuzumuten gewesen. Die Richter wiesen ausdrücklich die damals von Berufsverbänden und Pharmaindustrie vorgetragenen Bedenken zurück, die sie vergeblich in Eilverfahren vor dem höchsten Gericht vorgetragen hatten. "Prognosen, das Zahntechnikerhandwerk werde nicht mehr gewinnbringend ausgeübt werden können, der Berufsstand werde zerschlagen, mehrere tausend Apotheken müßten wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden, so daß die Versorgungsstruktur zerschlagen werde, und das System der Arzneimitteldistribution werde irreversible Nachteile erleiden, haben sich nach inzwischen mehr als zweijähriger Geltung des Gesetzes, soweit ersichtlich, nicht bewahrheitet."
Schließlich verwarf das Gericht das Argument, die staatlichen Preisinterventionen hätten die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verletzt.