Unfallversicherung warnt : Weniger Arbeitsschutz durch Freihandelsabkommen?
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Arbeitsschutzhinweise „made in Germany“ Bild: IMAGO
Nun warnt auch die Gesetzliche Unfallversicherung vor dem Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten. Sie fürchtet eine Privatisierung sozialer Sicherungssysteme.
Nach Verbraucherschützern, Umweltgruppen und der Kommunalwirtschaft schlägt nun auch die Sozialversicherung Alarm: Sie warnt vor dem zwischen Europa und Amerika geplanten Freihandelsabkommen. Besonders kritisch sieht die Gesetzliche Unfallversicherung die geplanten Regelungen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten. Diese könnten dazu führen, „dass sich die soziale Versorgung wie auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz verschlechtern“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Joachim Breuer, dieser Zeitung. „Konkret ist zu befürchten, dass Staaten auf Verbesserungen der betrieblichen Prävention verzichten oder ihre sozialen Sicherungssysteme privatisieren.“
Versuche, die Pflichtmitgliedschaft der Betriebe in der Unfallversicherung über den Umweg des europäischen Wettbewerbsrechts in Frage zu stellen, habe es auch in der Vergangenheit schon gegeben. Dass im Verhandlungsmandat der EU über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) Gespräche über bestimmte öffentliche Dienstleistungen ausgeschlossen seien, beruhigt Breuer ebenso wenig wie das Versprechen, eine Senkung von Arbeits- und Gesundheitsschutz sei nicht das Ziel. Die Klausel sei so schwammig formuliert, dass unklar sei, welche Inhalte letztlich von ihr erfasst würden. Deshalb verlange die Unfallversicherung, „die Sozialversicherung und ihre Leistungen etwa zur Heilbehandlung und Rehabilitation klar und deutlich aus den Verhandlungen herauszunehmen“.
Außerdem forderte Breuer, dass das hohe europäische Schutzniveau zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten durch die Freihandelsgespräche nicht beeinträchtigt werde. Nach vielfältigen Beschwerden hatte die EU-Kommission die Gespräche mit Amerika über diesen Punkt einstweilen ausgesetzt.
Das Abkommen birgt Chancen
Die Unfallversicherung ist der erste der deutschen Sozialversicherungsträger, der sich zu dem Thema äußert. Nicht zuletzt aus Verärgerung darüber, dass die EU-Kommission es nicht für nötig befunden habe, Stellungnahmen der Betroffenen einzuholen, hätten die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen ihre Position zum Freihandelsabkommen entwickelt.
Sie befürchten zum Beispiel, Bestimmungen zum betrieblichen Arbeitsschutz könnten als Handelshemmnis gewertet und damit Gegenstand von Verhandlungen werden. Problematisch wäre auch eine wechselseitige Anerkennung von Rechtsvorschriften, Normen und Spezifikationen. Denn es sei nur äußert schwer zu belegen, dass das amerikanische Schutzniveau dem europäischen entspreche.
Zudem will man verhindern, dass amerikanische Anbieter bei der medizinischen Versorgung oder Rehabilitation mit der deutschen Sozialversicherung in Wettbewerb treten. Die zu liberalisierenden Dienstleistungen müssten im Freihandelsabkommen benannt werden, Leistungen der Sozialversicherungen davon unbedingt ausgenommen werden, heißt es.
Die Unfallversicherung hebt aber auch positive Aspekte der Verhandlungen hervor. So lobt sie das Ziel, durch Freihandel zu mehr Beschäftigung zu kommen. Hoffnung verbindet sie mit einem Handelsabkommen auch deshalb, weil produktbezogene Normen und Zertifizierungen dazu führen könnten, dass sich Amerika mehr an der internationalen Normung beteilige und damit Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation wie zu Rechten und Pflichten der Arbeit anerkennen könnte.