Ukraine und der IWF : Das Sparen fällt Kiew schwer
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Der Ukraine geht das Geld aus. Bild: dpa
Die Ukraine braucht Geld und könnte wieder einmal beim Internationalen Währungsfonds anklopfen. Zwei Mal scheiterten Hilfsprogramme schon an den Sparauflagen. Was soll dieses Mal anders sein?
Die Ukraine steht kurz vor dem Kollaps. 35 Milliarden Dollar (25,5 Milliarden Euro) braucht das Land nach Angaben der Übergangsregierung, um einen Zahlungsausfall zu verhindern. Doch woher soll das Geld kommen? Der amerikanische Finanzminister Jack Lew drängt die Ukraine bereits dazu, zügig Finanzhilfe beim Internationalen Währungsfonds zu ersuchen. Und der IWF steht wohl bereit, wie die geschäftsführende Direktorin Christine Lagarde am Wochenende am Rande des G-20-Treffens in Sydney bereits verlauten ließ: „Wenn die ukrainischen Behörden sich an den IWF wenden, sei es mit der Bitte um Beratung, sei es wegen Diskussionen über finanzielle Hilfen, gekoppelt an Wirtschaftsreformen, stehen wir selbstverständlich bereit.“
Die größte Hürde sprach Lagarde damit auch direkt an: Denn der IWF wird seine Finanzhilfen an harte Reformen und Sparauflagen knüpfen. So hat er es immer getan, etwa im Fall Griechenlands, aber auch bei den letzten beiden Notkrediten, die die Ukraine benötigte. Und an genau diesen Auflagen ist die Auszahlung der Kredite die letzten beiden Male gescheitert. Was soll dieses Mal anders sein?
Das Parlament erhöhte die Ausgaben
Im November 2008 hatte der Währungsfonds für die Ukraine ein Hilfsprogramm über 16,4 Milliarden Dollar aufgelegt. Denn als infolge der Weltfinanzkrise ausländisches Kapital in dramatischem Umfang abfloss, geriet das Land an den Rand der Zahlungsunfähigkeit – 2009 schrumpfte die Wirtschaftsleistung nach Angaben des IWF um rund 15 Prozent. Im Gegenzug für die Hilfszahlungen forderte der IWF einen klaren Sparkurs: Die Ausgaben sollten gekürzt, nahezu keine neuen Schulden aufgenommen und das Rentenalter heraufgesetzt werden. Außerdem sollten die staatlich subventionierten Gaspreise deutlich steigen: um zunächst 20 Prozent in 2009, aber auch danach noch einmal kräftig.
Doch die damalige ukrainische Regierung verhinderte höhere Gaspreise, sodass der staatliche Energiekonzern Naftogas das Gas aus Russland weiter billig an die Konsumenten weitergeben konnte. Und anstatt die Ausgaben zu senken, beschloss das Parlament auch höhere Mindestlöhne und Pensionen. Die damalige Ministerpräsidentin Julija Timoschenko war zwar dagegen, doch Präsident Viktor Juschtschenko unterzeichnete das Gesetz – ein Wahlgeschenk vor den anstehenden Präsidentenwahlen.
Die Geduld des IWF, der seine Bedingungen mehrmals gelockert hatte, war damit erschöpft. Nachdem der Fonds die ersten beiden Tranchen von zusammen rund 11 Milliarden Dollar ausgezahlt hatte, stellte er das Kreditprogramm ein.
Nachdem der erste Versuch gescheitert war, genehmigte der IWF im Juli 2010 ein neues Kreditprogramm im Umfang von 15,5 Milliarden Dollar – auch diese sollten an strenge Auflagen gebunden sein: Insbesondere sollten die Gaspreise erhöht und der Wechselkurs freigegeben werden.
Zudem verpflichtete sich die Ukraine, das Haushaltsdefizit im Jahr 2011 auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) zu drücken, in 2012 dann auf 2,5 Prozent. Die Staatsschulden sollten bis 2015 auf unter 35 Prozent des BIP sinken. Die Regierung des gerade entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch setzte die vereinbarten Reformen – wieder mit dem Blick auf bevorstehende Wahlen – jedoch zum großen Teil nicht um. „Das Programm geriet nach kurzer Zeit aus der Bahn“, schrieb der IWF im Dezember 2013 in einer Bestandsaufnahme. Und weiter: Wegen „der gleichen Probleme wie bei früheren Programmen“ hätten die Zahlungen gestoppt werden müssen.
Janukowitsch ließ sich bekanntlich lieber vom russischen Präsidenten Wladimir Putin helfen, der die Zahlungen von insgesamt 15 Milliarden Dollar nicht an unpopuläre Auflagen knüpfte und zudem noch versprach, die Gaspreise zu senken. Nach dem Machtwechsel stoppte Russland jedoch seine Hilfszahlungen – genau deshalb ist die Ukraine nun so dringend auf ausländische Geldspritzen angewiesen. Doch an den Forderungen des IWF dürfte sich kaum etwas geändert haben: Er wird wieder auf höhere Gaspreise und flexible Wechselkurse sowie Ausgabenkürzungen drängen. Ob eine neue Regierung die Reformen umsetzen wird?