Lohnlücke : Deshalb verdienen Frauen weniger
- Aktualisiert am
Gut bezahlt? Bild: Picture-Alliance
Werden Frauen mit dem Gehaltszettel diskriminiert? Ein Institut hat jetzt ausgerechnet, warum sie weniger Lohn bekommen. Die Familienministerin mag die Studie nicht.
Forscher des IW-Instituts halten staatliches Eingreifen wegen der Gehaltsunterschiede bei Männern und Frauen für unnötig. Frauen verdienten in Deutschland zwar im Schnitt 21 Prozent weniger als ihre Kollegen, aber die gesamtwirtschaftliche Lohnlücke sei deutlich geringer, teilten die arbeitgebernahen Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) am Montag mit.
Denn Frauen arbeiteten häufiger Teilzeit und meist in Branchen mit geringerer Entlohnung – etwa in der Erziehung sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Klammere man dies aus, so liege die Lohnlücke nur bei rund 6,6 Prozent. „Der Politik fehlt damit die entscheidende Begründung für das Lohngerechtigkeitsgesetz“, sagte IW-Direktor Michael Hüther. Familienministerin Manuela Schwesig wies dies umgehend zurück.
Schwesig dringt darauf, dass Beschäftigte ein Auskunftsrecht zu den Gehaltsstrukturen in ihren Betrieben bekommen. Durch mehr Transparenz erhofft sich die SPD-Politikerin größeren Druck auf die Arbeitgeber, der dann zu einer Annäherung bei der Bezahlung führen soll. Schwesigs Gesetzentwurf liegt aber seit Monaten im Kanzleramt auf Eis, da sich SPD und Union um Details streiten.
Gründe für die Lohnlücke
Laut der Analyse sind die Hauptgründe dafür, dass Frauen weniger verdienen:
Berufserfahrung: Die Kindererziehung übernehmen oftmals die Frauen. Deshalb fehlt ihnen danach die Berufserfahrung – und sie verdienen weniger.
Branche: Frauen arbeiten häufig im Gesundheits- und Sozialwesen, seltener in der Industrie, wo hohe Gehälter gezahlt werden.
Verantwortung im Beruf: Innerhalb ihrer Berufe übernehmen Männer häufig die verantwortungsvolleren Aufgaben. Dabei geht es nicht in erster Linie um Führungsverantwortung. Männer arbeiten häufig an Positionen, an denen mehr Selbständigkeit verlangt wird. Gleichzeitig arbeiten Frauen eher unterhalb ihrer Qualifikation.
Unternehmensgröße: Große Unternehmen zahlen mehr als kleine. Frauen arbeiten häufiger in kleinen Firmen.
Schwesig kritisierte die IW-Analyse. „Es ist doch offensichtlich, dass das Problem der Lohnlücke kleingeredet und kleingerechnet wird“, sagte die Sprecherin der Ministerin. „Fest steht: Frauen mit gleicher Qualifikation auf vergleichbaren Stellen verdienen sieben Prozent weniger.“ Die Lohnlücke sei keine private Entscheidung. „Die Lohnlücke hat etwas mit verkrusteten Strukturen zu tun, die wir aufbrechen müssen, um die Gleichstellung der Frauen zu erreichen.“
Das Berliner DIW-Institut betonte, es sei für Männer leichter in Führungspositionen zu kommen. „Durch das Ehegattensplitting und die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern wird die tradierte Aufgabenteilung im Haushalt gefördert und letztendlich reproduziert“, sagte DIW-Expertin Elke Holst zu Reuters. Bei Lohn und Gehalt seien Frauen oft bis zum 29. Lebensjahr fast gleichauf. „Dann bekommen viele ihr erstes Kind. Danach vergrößert sich die Lohnlücke.“