Strukturreformen : EU und IWF drängen Italien
- -Aktualisiert am
EU-Währungskommissar Olli Rehn nannte das Stabilitätsgesetz „nicht ausreichend“ Bild: dpa
Für Währungskommissar Rehn sind die Ankündigungen Berlusconis ungenügend. Auch die Direktorin des Währungsfonds, Lagarde, will mehr Klarheit von Rom.
Der internationale Druck auf Italien wächst. Mehrere europäische und internationale Partner haben am Donnerstag gefordert, schnellstmöglich eine neue Regierung zu bilden, die die nötigen Strukturreformen und zusätzliche Sparmaßnahmen in Angriff nehmen könnte. In Rom wurde es gleichzeitig wahrscheinlicher, dass eine Übergangsregierung aus Fachleuten mit dem früheren EU-Kommissar Mario Monti an der Spitze gebildet wird.
Ministerpräsident Silvio Berlusconi will zurücktreten, wenn die von ihm angekündigten Reformschritte auf den Weg gebracht sind. In Rom steht bis zum Wochenende ein Abstimmungsmarathon bevor. Zunächst soll das von Berlusconi versprochene Stabilitätsgesetz vom Parlament gebilligt werden. Das Ergebnis ist derzeit offen.
Konkrete Schritte festlegen
EU-Währungskommissar Olli Rehn nannte das Gesetz am Donnerstag "nicht ausreichend". Die Fachleute der Behörde, die sich seit Wochenbeginn in Rom aufhalten, um die Ankündigungen zu beurteilen, hätten gemischte Ergebnisse zutage gefördert, sagte Rehn bei der Vorstellung der Herbstprognose der Kommission in Brüssel. Das von Berlusconi angekündigte Programm enthalte einige richtige Punkte. Es fehlten aber wichtige Elemente, etwa eine stärkere Öffnung der Gütermärkte und eine weitergehende Rentenreform. Vor allem vermisse er aber ein Gesamtkonzept, sagte Rehn. Zudem habe sich die italienische Seite bis heute nicht festgelegt, wann sie welche Schritte konkret in die Tat umsetzen wolle. Deshalb habe er Finanzminister Giulio Tremonti einen Fragebogen zugeschickt. Die Antworten sollten die nach Italien gereisten Kommissionsbeamten finden. Er erwarte dringend "detaillierte Antworten", sagte Rehn.
Der finnische Kommissar wies Forderungen nach schneller Finanzhilfe an Italien, etwa vom Krisenfonds EFSF, zurück. Die hohen Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen seien kurzfristig kein Problem. Italien komme zugute, dass die durchschnittliche Laufzeit seiner ausstehenden Staatsanleihen bei sieben Jahren liege. Der Zinsanstieg schlage sich daher erst mittelfristig nieder. Nach Berechnungen der Kommission würde ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt die Staatsausgaben in Italien um 0,2 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen. Das BIP wäre über einen Zeitraum von drei Jahren einen Prozentpunkt niedriger. Entscheidend sei es jetzt deshalb, das politische Vakuum in Italien zu überwinden und die Reformen viel weiter zu treiben, als dies derzeit beabsichtigt sei, sagte Rehn.
Wer geht als Leitfigur aus der Krise hervor?
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Berlin, die politische Führung in Italien müsse nun "möglichst schnell geklärt" werden. Mit seinen Reformbemühungen sei das Land aber auf dem richtigen Weg. Es sei wichtig, dass Italien "seine Glaubwürdigkeit wiedergewinnt". Auch die Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderte "politische Klarheit" in Italien.
Leider sei noch unklar, wer als politische Leitfigur aus der Krise hervorgehe, sagte sie in Peking. Voraussetzung für eine mögliche Hilfe des IWF sei, dass dort eindeutige Regierungsverhältnisse herrschten. Lagarde bestätigte, dass der Währungsfonds gebeten worden sei, die Lage in Italien zu überwachen und das Land zu beraten.
Nach ihren Gesprächen mit Vertretern der chinesischen Regierung und Zentralbank sagte Lagarde, die Verantwortlichen in Peking seien "ganz klar beunruhigt" von der Euro-Krise. Noch hat China nicht offiziell erklärt, ob und in welcher Form es sich an den Stabilitätsbemühungen beteiligen will. Es könnte seine schon vorhandenen Zusagen für den Stabilisierungsfonds EFSF aufstocken oder sich über den IWF engagieren. Letzteres bevorzugt die Gruppe der großen Schwellenländer BRICS, der neben Russland, Indien, Brasilien und Südafrika auch China angehört.