Polen gegen Nahles : Verschont uns mit dem Mindestlohn
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Der Mindestlohn für Transitquerungen wurde ausgesetzt. Bild: obs
Polnische Lastwagenfahrer müssen den deutschen Mindestlohn bekommen, wenn sie durch Deutschland fahren. Das ärgert die Polen. Deutschland macht Zugeständnisse - doch die reichen nicht.
Im Streit um Mindestlohn für Transit-Lastwagen-Fahrer lenkt die Bundesregierung ein. Berlin setzt die Anwendung des Mindestlohns für ausländische Lkw-Fahrer im reinen Transitverkehr durch Deutschland vorerst aus. Dies gelte bis zur Klärung europarechtlicher Fragen, sagte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nach einem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen am Freitag in Berlin. Nicht ausgesetzt werden die Mindestlohn-Regeln für Lkws, die in Deutschland be- und entladen werden.
Der polnische Arbeitsminister Władysław Kosiniak-Kamysz zeigt sich mit dem Ergebnis des Treffens zunächst zufrieden. „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagte er vor Journalisten in Berlin. Er machte aber gleichzeitig klar, dass Polen mehr erwarte. Die Regierung in Warschau will erreichen, dass nicht nur Transit-Lkw ausgenommen werden, sondern alle Fahrer in Deutschland, auch wenn sie einen Zwischenstopp einlegen. Die deutsche und die polnische Seite verabredeten, rasch eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzusetzen, um die strittigen Punkte zu klären. Nach Angaben der polnischen Regierung könnten jährlich 1,8 Millionen Fahrten polnischer Lastwagen durch Deutschland vom Mindestlohn betroffen sein. In Polen gibt es rund 30.000 Speditionen, die häufig auch für deutsche Unternehmen unterwegs sind.
Nahles sprach nach dem Treffen von einem „Zeichen guter Nachbarschaft“. In Polen und anderen Nachbarländern war Kritik laut geworden, auch wegen der Vorgaben für Kontrollen und Dokumentationspflichten. Sogar die beiden Regierungschefinnen Angela Merkel und Ewa Kopacz hatten sich in den Konflikt eingeschaltet. Nahles begrüßte auch, dass die EU-Kommission ein Verfahren zur Prüfung strittiger Rechtsfragen eingeleitet habe. Dies dürfte vor dem Sommer abgeschlossen sein. Deutschland halte die Regelungen für europarechtskonform. Die EU-Kommission hatte bereits in der vergangenen Woche den Druck auf die Bundesregierung erhöht und angekündigt, die Beschwerden aus Deutschlands Nachbarländern ernsthaft zu prüfen. Die Bundesregierung hatte zunächst dennoch weiter auf eine Durchsetzung des Mindestlohns gepocht.

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