Wirtschaftsbericht : OECD für späteren Rentenbeginn in Deutschland
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Die OECD plädiert für einen späteren Einstieg ins Rentenalter in Deutschland. Bild: dpa
Bessere Bildung, mehr Geschlechtergerechtigkeit und eine spätere Rente: Die OECD sieht trotz einer robusten Wirtschaft erheblichen Reformbedarf in Deutschland.
„Trotz der Turbulenzen in der Weltwirtschaft, bleibt die deutsche Wirtschaft robust. Mit einer starken Exportleistung und geringer Arbeitslosigkeit.“ Mit diesen Worten hat OECD-Generalsekretär Angel Gurriá am Dienstag den Wirtschaftsbericht seiner Organisation präsentiert. Trotzdem hat die OECD sieht die Industriestaaten-Organisation einen erheblichen Reformbedarf in Deutschland: Spätere Rente, geringere Steuern auf Arbeit, bessere Bildung. Ziel sei es, die Produktivität zu stärken, die Lebenszufriedenheit in einer rapide alternden Gesellschaft zu erhöhen und die Integration der Flüchtlinge und Migranten zu gewährleisten.
So rät die OECD etwa zur Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, das bereits bis 2029 stufenweise auf 67 steigt. Ohne Reformen würden die Rentenausgaben bis 2060 um mindestens 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zulegen, „was die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen würde“. „Durch eine Koppelung des Rentenalters an die Entwicklung der Lebenserwartung könnte die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gestärkt werden“, schlägt die OECD vor. Eine Indexierung des gesetzlichen Renteneintrittsalters würde die Nachhaltigkeit der Altersversorgung verbessern, so der Bericht.
Auch im Steuerrecht sieht sie Änderungsbedarf. „Die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit ist in Deutschland höher als in vielen anderen OECD-Volkswirtschaften.“ Die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung und Pflege würden großenteils aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert, die auf die Erwerbseinkommen erhoben werden. „Und diese Ausgaben werden im Zuge der Bevölkerungsalterung und des technischen Fortschritts in der Gesundheitsversorgung steigen“, warnt die OECD. Sie schlägt deshalb beispielsweise vor, Immobilien stärker zu besteuern. Das sollte über aktualisierte Wertansätze für die Grundsteuer erfolgen, schließlich haben viele Immobilien durch den jahrelangen Boom merklich an Wert gewonnen.
Keine großen Wachstumssprünge
Die OECD fordert zudem einen Ausbau der Kinderbetreuung. „In Deutschland besteht ein großes Verdienstgefälle zwischen den Geschlechtern, vor allem weil viele Frauen in Teilzeit arbeiten“, stellt sie fest. „Das fehlende Angebot an Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten und Ganztagsschulen für kleinere Kinder begrenzt die Beschäftigungschancen vieler Frauen.“ Zwar werde schon mehr investiert. „Allerdings reicht das Angebot an Kinderbetreuung, frühkindlicher Bildung und Ganztagsgrundschulen noch immer nicht aus, um den Bedarf zu decken.“
Angesichts der mauen Weltkonjunktur traut die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) der deutschen Wirtschaft vorerst keine großen Sprünge zu. Das Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr um 1,4 und im kommenden um 1,5 Prozent wachsen, bekräftigte sie ihre Februar-Prognosen. 2015 hatte es noch zu einem Plus von 1,7 Prozent gereicht. „Das Wirtschaftswachstum ist verhalten.“ Die Probleme großer Schwellenländer wie China laste auf den Exporten. Das schlage auf die Planung der Firmen durch: „Die Erholung der Unternehmensinvestitionen verläuft schleppend.“ Garant des Aufschwungs bleibe der Konsum, „der von einem starken realen Lohnwachstum getragen wird“.