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Niederlage der Konservativen : Nach Spanien-Wahl steigen die Risiken für die EU

  • -Aktualisiert am

Nach der Wahl: Plakat in Madrid mit dem Ministerpräsidenten Mariano Rajoy Bild: AP

Noch ist die Gestalt der neuen Regierung in Madrid ungewiss. Doch es lässt sich schon absehen, dass Reformen und Finanzdisziplin in Gefahr geraten.

          4 Min.

          Auf die Parlamentswahlen in Spanien und die schwere Niederlage der vier Jahre mit absoluter Mehrheit regierenden konservativen Volkspartei um Ministerpräsident Mariano Rajoy dürften nun aufschlussreiche Nachwahltests an den Finanzmärkten folgen. Die nächste Madrider Regierung, deren Zusammensetzung noch völlig ungewiss ist, wird nach Schätzungen spanischer Fachleute im kommenden Jahr zur Refinanzierung der Staatsschulden mehr als 100 Milliarden Euro neuer Anleihen auflegen müssen.

          Zum 1. Januar wird außerdem der noch unter Druck Rajoys vom Parlament verabschiedete Staatshaushalt für das Jahr 2016 in Kraft treten. Dessen Schicksal stünde jedoch für den Fall, dass nach Koalitionsverhandlungen in Madrid ein Linksbündnis mit einer ausgabenfreudigen „Anti-Austeritäts-Agenda“ an die Macht gelangen sollte, ebenfalls in Frage.

          Wahlen in Spanien

          Ergebnisse im Detail
          • PP, Volkspartei, konservativ
          • PSOE, Sozialistische Arbeiterpartei
          • Podemos, "Wir können", links
          • Ciudadanos, "Bürger", liberal
          • ERC, Republikanische Linke Kataloniens
          • DiL, Demokratie und Freiheit, katalanisches Parteienbündnis
          • PNV, Baskische Nationalistische Partei
          • Unidad Popular en Común, linkes Parteienbündnis
          • EH Bildu, "Baskenland versammelt", linksnationalistisches Parteienbündnis
          • CCa-PNC, kanarisches Parteienbündnis

          Nervosität schon vor der Abstimmung

          Schon vor der Abstimmung waren zum Zeichen latenter Nervosität die Risikoaufschläge für spanische Anleihen leicht gestiegen, während es an der Börse zugleich zu deutlichen Verlusten kam. Mindestlohn, Steuererhöhungen, Rentenerhöhungen, Sozialausgaben und Reformkorrekturen zum Beispiel am Arbeitsmarkt werden nun zu den wichtigsten Themen bei den Paktsondierungen der politischen Parteien gehören. Die Ratingagentur Fitch hatte in ihrer letzten Analyse schon vor der Wahl gewarnt: „Eine schwache Regierung in Spanien, die von radikalen Parteien gestützt wird, würde zu einer Rücknahme bei den Reformen und einer Lockerung beim Budget führen. Sie würde das Vertrauen in die Nachhaltigkeit des Aufschwungs erschüttern und das süße Wachstum gefährden.“

          Von der politischen Ausrichtung und der wirtschaftlichen Kursbestimmung steht über Spanien hinaus auch für die Europäische Union einiges auf dem Spiel. Die viertgrößte Ökonomie der Eurozone, die das doppelte Gewicht von Griechenland und Portugal zusammengenommen hat, wird die finanzielle Stabilität der EU und die Solidität der gemeinsamen Währung erheblich mitbestimmen. Das „griechische Beispiel“ nach dem Machtwechsel zu Syriza brachte vor der Einsicht des neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in das Unabänderliche nur Instabilität, Wachstums- und Zeitverluste und mehr Misere. Das „portugiesische Beispiel“ mit einem Linksruck hin zu einer von Kommunisten gestützten sozialistischen Minderheitsregierung verspricht zwar etwas weniger Erschütterungen, weil man in Lissabon manche Athener Lektion gelernt hat. Aber dennoch drohen auch dort ungedeckte Mehrausgaben des Staates, ein höheres Haushaltsdefizit und vor allem weniger Appetit ausländischer Investoren, sich in einer weiterhin prekären Wirtschaftslage in dem Land zu engagieren.

          Von den Bewegungen an den Finanzmärkten, insbesondere den Risikoaufschlägen – sie lagen zum Wochenende bei 113 Basispunkten –, wird nun der Grad des Vertrauens oder Misstrauens in Spanien in den kommenden Wochen abzulesen sein.

          Rückblick auf die Krisenjahre

          Noch lohnt sich ein Rückblick auf die Krisenjahre erst unter sozialistischer und dann konservativer Regierung in Madrid. In die Jahre zwischen 2004 und 2011, als der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero das Land führte und von dem Konservativen José María Aznar ein solides ökonomisches Erbe übernahm, fiel das Platzen der Immobilienblase. Zapatero ließ sich davon überraschen und kritisierte noch Ende 2007 die heraufziehenden Turbulenzen als „unpatriotische Panikmache“.

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