Monatsbericht : Bundesbank gegen „Vollgeld“
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Geschäftsbanken verleihen das von den Kunden eingezahlte Geld an andere Kunden weiter und „schöpfen“ so neues Geld. Bild: dpa
Kritiker des Finanzsystems schlagen eine Mindestreserve von 100 Prozent vor. Das mache die Banken stabiler. Aber die Bundesbank hält von der Idee nichts.
Die Finanzkrise hat radikale Kritiker des bestehenden Finanzsystems auf den Plan gerufen. Einige wünschen sich ein sogenanntes Vollgeld oder 100-Prozent-Reserve-System. Die Befürworter dieser Reformideen wollen, dass die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken abgeschafft wird. Die privaten oder öffentlichen Banken dürften nicht mehr durch Kreditgewährung Sichteinlagen schaffen, ohne dafür eine vollständige Deckung durch Zentralbankgeld zu haben. Der Vorteil aus Sicht der Befürworter wäre, dass die Gefahr von Bankenkrisen gebannt wäre. Ein Bankenzusammenbruch aus Liquiditätsmangel könnte nicht mehr geschehen.
Im realen System beträgt die Mindestreserve, die Banken bei der Zentralbank hinterlegen müssen, nur einen Bruchteil der Kreditsumme, aktuell ist es nur ein Prozent. 100 Prozent Reserve bedeutete 100 Prozent Sicherheit vor Krisen und „Boom-Bust“-Zyklen, die von der Kreditvergabe ausgelöst werden, meinen die Befürworter der Radikalreform. Solche Ideen äußerte erstmals zu Beginn der Großen Depression 1929 der bekannte amerikanische Ökonom Irving Fisher; ähnliche Ideen verfolgten Chicagoer Professoren. Heute gibt es in verschiedenen Ländern Initiativen für ein Vollgeld mit unterschiedlicher Ausgestaltung.
Die Bundesbank widmet den Vorschlägen in ihrem aktuellen Monatsbericht ein paar Seiten, weist sie aber letztlich als nicht überzeugend zurück. „Eine Anhebung des Reservesatzes auf 100 Prozent führt nicht zwingend zu einer Stabilisierung der gesamtwirtschaftliche Entwicklung“, heißt es. Dafür bräuchte es zusätzlich eine effektive Regulierung. Die Einschränkung der Geldschöpfung für das gesamte Finanzsystem, wie sie Fisher vorschwebte, schränkte eine wichtige Funktion des Bankensektors ein, die Schaffung von Liquidität und damit die Fristentransformation. Diese sei aber volkswirtschaftlich wichtig.
Außerdem besteht aus Sicht der Bundesbank die Gefahr, dass es bei einer 100-Prozent-Reservevorschrift zu Ausweichreaktionen kommt. Schon heute ist der Schattenbankensektor groß. „Die Stärkung des Finanzsystems insgesamt sollte aus heutiger Sicht auf anderem Wege erfolgen“, schreibt die Bundesbank. Sie betont die Notwendigkeit einer Stärkung der Eigenkapitalbasis der Banken. Wenn diese Verluste durch faule Kredite machen, hätten sie dann mehr Kapitalpolster, um die Einbußen abzufedern.