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Medizin : Der "Arzt im Praktikum" hat zum 1. Oktober ausgedient

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Mehr Geld für junge Ärzte, höhere Kosten für Krankenhäuser

Mehr Geld für junge Ärzte, höhere Kosten für Krankenhäuser Bild: dpa

Angehende Mediziner erhalten von Oktober an direkt nach dem Studium ihre Approbation und können dann sofort mit der Facharzt-Ausbildung beginnen. Damit verdreifacht sich der Verdienst der Jungmediziner.

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          Angehende Mediziner erhalten von Oktober an direkt nach dem Studium ihre Approbation und können dann sofort mit der Facharzt-Ausbildung beginnen. Der bisherige "Arzt im Praktikum" (AiP), eine obligatorische 18 Monate dauernde Praxisphase nach dem Medizinstudium, wird zum Stichtag 1. Oktober 2004 abgeschafft. Eine entsprechende Änderung der Bundesärzteordnung hat der Bundestag am Donnerstag abend einstimmig beschlossen; die Zustimmung des Bundesrats am 11. Juni gilt als Formsache.

          Aufgrund der Neuregelung werden die rund 13 300 Jungmediziner in Deutschland künftig wie Assistenzärzte bezahlt; ihr monatliches Bruttoeinkommen steigt von 1000 auf 2500 bis 3000 Euro. Auf die Krankenhäuser kommen dadurch jährliche Mehrkosten von rund 300 Millionen Euro zu. Die Kliniken könnten zwar mit den Krankenkassen über eine Erstattung der Zusatzausgaben verhandeln. "Doch in solchen Verhandlungen sind immer Ausfälle zu erwarten. Ob die Mehrkosten völlig ausgeglichen werden, ist daher noch die Frage", sagte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Wolfgang Pföhler, dieser Zeitung. Eine saubere Refinanzierung aber sei unerläßlich. Die Krankenhausbudgets seien nur um 0,02 Prozent erhöht worden; schon durch die Personalkostensteigerungen ergäben sich "Minusbudgets", hob Pföhler hervor. "Wir befinden uns am Ende der Fahnenstange, deshalb können die Krankenhäuser die Kosten auf keinen Fall tragen."

          Ärztemangel vorgebeugt

          Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) betonte, die Abschaffung des AiP verbessere das Einkommen der Berufseinsteiger und erhöhe dadurch die Attraktivität des Arztberufes. Auch werde dem drohenden Ärztemangel insbesondere in Krankenhäusern vorgebeugt. Durch die Bereitstellung von jährlich 300 Millionen Euro sowie 75 Millionen Euro mit der Gesundheitsreform noch im Jahr 2004 sei sichergestellt, daß die Krankenhäuser junge Ärzte künftig angemessen vergüten könnten. Den Kassen stünden daher ausreichende Mittel zur Verfügung, die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung brauchten nicht angehoben zu werden, stellte Ministeriumssprecher Klaus Vater klar: "Die Abschaffung des AiP wirkt nicht beitragssteigernd."

          Der Krankenhausärzteverband Marburger Bund lobte die Abschaffung des AiP. Damit werde ein "sinnloser Anachronismus" beseitigt. "Wir haben mehr erreicht, als wir geträumt hatten", erklärte der Hartmannbund, der die niedergelassenen Ärzte vertritt, und sprach von einer "Maximallösung", da die Abschaffung auch für jene Medizinstudenten gelte, die sich Anfang Oktober noch in der klinischen Ausbildung befänden. Diese müssen die AiP-Phase zwar noch zu Ende führen, werden aufgrund einer Übergangsregelung aber vom 1. Oktober an mit den Assistenzärzten finanziell gleichgestellt.

          Die Übergangsregelung soll verhindern, daß Studenten ihr Examen auf die Zeit nach dem 1. Oktober verschieben. "Die Politiker scheinen endlich zu begreifen: Ohne Ärzte ist kein Staat zu machen. Bleibt zu hoffen, daß sich diese Erkenntnis nachhaltig durchsetze", erklärte Andreas Rhode, der Vorsitzende des Ausschusses Medizinstudenten im Hartmannbund.

          Ausbildung modernisiert

          Ursprünglich war eine gleitende Stichtagsregelung vorgesehen gewesen: Wer vor dem 1. Oktober sein AiP begonnen hätte, hätte dieses noch zu den alten Konditionen zu Ende führen müssen; wer nach dem 1. Oktober das Medizinstudium beendet hätte, wäre gleich als Assistenzarzt eingestellt worden. CDU/CSU hatten für ein Optionsmodell plädiert, dem zufolge die angehenden Mediziner selbst entscheiden sollten, ob sie die AiP-Phase abbrechen oder die Ausbildung weiterführen wollten.

          Der "Arzt im Praktikum" war zum 1. Juli 1988 eingeführt worden, um die praktische Ausbildung der Mediziner zu verbessern. Auf diesen zusätzlichen Baustein kann nach Auffassung des Parlaments nunmehr verzichtet werden, da die ärztliche Ausbildung durch die neue Approbationsverordnung modernisiert und der praktische Unterricht verstärkt werde. Die lange Dauer und der niedrige Verdienst während des AiP haben junge Ärzte häufig veranlaßt, in andere Berufe auszuweichen.

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