Liliane Bettencourt : Die alte Frau und das Geld
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Der Vermögensverwalter von Liliane Bettencourt, Patrice de Maistre, verbreitet seit geraumer Zeit das Gerücht, Françoise Bettencourt-Meyers wolle die volle Verfügungsgewalt über die L’Oréal-Anteile, um sich ihrer so schnell wie möglich zu entledigen. Die Aussicht, L’Oréal könne in Schweizer Hände fallen, sorgt sogar Staatspräsident Sarkozy. In seinem jüngsten Fernsehgespräch sprach er davon, dass er verhindern wolle, dass der Konzern aus Frankreich abwandere.
Auch der Schwiegersohn hat einen schlechten Ruf
Doch schon lange ist L’Oréal, das im vorigen Jahr mehr als 18 Milliarden Euro umsetzte und 2,6 Milliarden Gewinn vor Steuern auswies, ein globalisiertes Unternehmen mit 64.600 Angestellten in 130 Ländern. Zum Kosmetikimperium, das mit Werbeträgerinnen wie Andie MacDowell, Diane Kruger, Penelope Cruz oder Beyoncé identifiziert wird, gehören 23 Marken, darunter Body Shop, Lancôme, Garnier und Biotherm. Françoise Bettencourt-Meyers bestritt in einem Gespräch mit „Elle“, sie wolle ihre Anteile verkaufen. „Ich hänge mit meinem Herzblut an dem Unternehmen“, sagte sie. Ihr Mann Jean-Pierre Meyers, 62 Jahre, sitzt seit 1987 im Aufsichtsrat von L’Oréal, seine Frau Françoise erst seit 1997. Der gelernte Banker, dessen Vater schon bei L’Oréal arbeitete, hat einen schlechten Ruf, seit er auch bei Nestlé im Verwaltungsrat sitzt. Mal wird der Schwiegersohn verdächtigt, die L’Oréal-Führung an sich reißen zu wollen. Mal wird verbreitet, er wolle das ganze Unternehmen Nestlé einverleiben.
Allein das Gerücht, Meyers wolle den langjährigen L’Oréal-Manager Lindsay Owen-Jones loswerden, führte dazu, dass dessen Mandat an der Spitze des Aufsichtsrats 2009 verlängert wurde – obwohl der Posten eigentlich dem Präsident-Generaldirektor (PDG), Jean-Paul Agon, zustand. Als Françoise Bettencourt 1984 in die jüdische Familie Meyer einheiratete – der Großvater ihres Ehemanns war Rabbiner – tratschte ganz Neuilly über diese Mésalliance. Doch André Bettencourt hat stets heftig dem Eindruck widersprochen, er verstehe sich mit seinem Schwiegersohn nicht.
Jedes Abendessen mit einem Bargeldumschlag beendet
Eine verheerende Wirkung hat die Bettencourt-Affäre auf der politischen Bühne entfaltet. Sarkozys Führungsriege steht unter Generalverdacht, seit das Ehepaar Bettencourt von Buchhalterin und Butler als spendable Gastgeber porträtiert wurden, die jedes Abendessen mit einem Bargeldumschlag für den Gast beendeten. Eric Woerth steht als Schatzmeister der Präsidentenpartei UMP im Kreuzfeuer der Verdächtigungen. Dass Woerth als Haushaltsminister von Juni 2007 bis März dieses Jahres mit besonderem Wohlwollen die Steuererklärungen der reichsten Frau Frankreichs prüfen ließ, glaubt inzwischen fast jeder Franzose. Dass er seiner Frau Florence Woerth einen hochbezahlten Posten in der Vermögensverwaltungsgesellschaft der L’Oréal-Erbin vermittelte, vergrößert sein Glaubwürdigkeitsproblem weiter.
Unterdessen ziehen die gerichtlichen Voruntersuchungen in der Affäre um die Milliardärin immer weitere Kreise. In der kommenden Woche soll nach französischen Medienberichten nun auch Liliane Bettencourt selbst verhört werden. Auch Arbeitsminister Eric Woerth soll in den nächsten Tagen von der Polizei vernommen werden. Auf dem Minister lastet auch der Verdacht, illegale Spenden erhalten zu haben, um den
Präsidentschaftswahlkampf von Nicoals Sarkozy zu finanzieren. Präsident Sarkozy hat einen Rücktritt Eric Woerths aus der Regierungsverantwortung abgelehnt. Woerth selbst hat gesagt, mit seinem Rücktritt als Minister würde er jenen recht geben, die ihn seit Wochen „verleumden“.