Kritik an Europäischer Kommission : Wirtschaft fürchtet Handelskrieg mit China
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„Der Streit um das Solardumping könnte zu einem Handelskrieg zwischen der EU und China eskalieren“ Bild: REUTERS
Die deutsche Wirtschaft wird immer abhängiger von Fernost. Nun befürchtet sie aber einen Handelskrieg mit China. Der BASF-Vizechef macht gegenüber der F.A.Z. die Europäische Kommission für die Eskalation verantwortlich.
Die deutsche Wirtschaft fürchtet einen Handelskrieg mit China und kritisiert in diesem Zusammenhang die Europäische Kommission ungewöhnlich scharf. „Der Streit um das Solardumping könnte zu einem Handelskrieg zwischen der EU und China eskalieren. Das ist das letzte, was wir in diesen schwierigen Zeiten brauchen“, sagte der China-Sprecher des Asien-Pazifik-Ausschusses APA, Martin Brudermüller, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Er ist der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der BASF, des größten Chemiekonzerns der Welt. Für das Unternehmen ist China der wichtigste Markt hinter Deutschland und Amerika. 2012 setzte es hier 5,1 Milliarden Euro um, sechsmal so viel wie zehn Jahre zuvor. „Handelskommissar De Gucht treibt die Strafzölle gegen chinesische Hersteller von Solarmodulen voran. Wir halten das für rückwärtsgewandt und schädlich für die EU und für China“, kritisierte Brudermüller.
Er äußerte sich aus Anlass des ersten Besuchs des chinesischen Regierungschefs Li Keqiang in Deutschland. Li wird an diesem Wochenende in Berlin erwartet. Die beiden Länder sind die zweit- und viertgrößten Volkswirtschaften der Welt. Auf Deutschland entfällt ein Großteil des China-Handels der EU. Auch bei den Investitionen, dem Studentenaustausch oder dem Tourismus wird die Volks- für die Bundesrepublik immer wichtiger. Für den deutschen Maschinen- und Autobau ist China der entscheidende Markt. Die Pkw-Hersteller verkaufen hier fast 30 Prozent mehr als in der Heimat.
China ist an deutscher Technik interessiert und erwartet von Berlin eine Schlüsselrolle zur Rettung des Euroraums. Deshalb reise Li, der im März an die Macht kam, innerhalb der EU zuerst nach Deutschland, sagen Diplomaten. Zuvor besucht er die Schweiz wegen eines bevorstehenden Freihandelsabkommens. China wünscht ein solches auch mit der EU. Doch diese erwartet von Peking zuerst Bewegung beim Investitionsschutz und beim Zugang zu öffentlichen Aufträgen.
Für Brudermüller illustriert die Berlin-Visite den Wunsch Li Keqiangs, die guten Beziehungen seines Vorgängers Wen Jiabao zu Deutschland fortzusetzen: „Ich halte es für ungeschickt von Deutschland und Europa, das durch den Solarstreit zu verspielen.“ Für sinnvoller hält es der Manager, in der Wertschöpfungskette enger zusammenzuarbeiten: Die Photovoltaik sei ein gutes Beispiel, wie sich jedes Land auf seine Stärken konzentrieren könnte, China auf die Fertigung der Module, Deutschland auf das Polysilizium, auf Wechselrichter oder den Anlagenbau.
Die EU-Kommission und einzelne Mitgliedstaaten wie Deutschland haben vergeblich versucht, China eine Selbstverpflichtungserklärung abzuringen. Sofern Peking die Solarexporte von sich aus begrenze und die Preise anhebe, könnte es den Antidumping-Zöllen entgehen, heißt es. Falls nicht, dürften diese am 5. Juni verhängt werden und am 7. August in Kraft treten. Als eine der letzten Chancen zur Einigung gilt Lis Besuch in Berlin, doch sind die Hoffnungen begrenzt. Am Freitag lief die Frist zur Stellungnahme der EU-Mitgliedstaaten zum Vorschlag der Kommission aus, gegen China vorzugehen. Das Verfahren hatten europäische Solarkonzerne angestoßen, darunter die deutsche Solarworld AG.