Konjunkturprogramm vor dem Scheitern : Japans Gewerkschaften fürchten hohe Löhne
- Aktualisiert am
Die Mitarbeiter von Daihatsu verzichten auf hohe Lohnsteigerungen. Bild: AFP
Wie weit kann man die Wirtschaft künstlich anfeuern? Mit Konjunkturprogrammen und höheren Löhnen? Amerikas Finanzminister fordert das von Deutschland - doch anderswo stoßen die Versuche an Grenzen. Japans Ministerpräsident will höhere Löhne, doch die Gewerkschaften machen nicht mit.
Wie wächst die Wirtschaft schneller? Die Frage wird drängender. Nach der Finanzkrise ist die Wirtschaft in vielen Industriestaaten nicht mehr richtig in Fahrt gekommen. Und mancher Politiker wird ungeduldig. Am Mittwoch erst ist Amerikas Finanzminister Jack Lew nach Deutschland gekommen, um für Konjunkturprogramme und höhere Staatsausgaben zu werben - die Deutschen sollen mehr Güter kaufen. Zu dieser nachfrageorientierten Politik gehört auch ein Eintreten für hohe Löhne. Doch während Lew in Deutschland für ein Nachfrage-Programm wirbt und sein Chef Barack Obama in den Vereinigten Staaten den Mindestlohn erhöhen will, stoßen solche Versuche anderswo bereits an Grenzen. In Japan glauben nicht einmal mehr die Gewerkschaften an so eine Politik. Und verzichten dieser Tage auf hohe Lohnsteigerungen.
In Japan versucht Regierungschef Shinzo Abe seit seinem Amtsantritt Ende Dezember 2012, das Wachstum nach jahrelanger Stagnation und Deflation in die Höhe zu treiben. „Abenomics“ heißt das Programm, und die Ideen sind ähnlich wie die von Jack Lew: hohe Staatsausgaben und eine lockere Geldpolitik. Ökonomen fordern seit langem Strukturreformen. Die verspricht Abe zwar immer wieder, doch bisher sind den Ankündigungen keine Taten gefolgt. Steigende Löhne dagegen sind ein zentraler Teil seiner Wirtschaftspolitik - sie sollen den Menschen Geld bringen, damit sie ihrerseits mehr Güter kaufen können. Dafür macht der Regierungschef seit Monaten Druck auf die Unternehmen.
Die Unternehmen sind zwar im vergangenen Jahr dank eines schwächeren Yen viel wettbewerbsfähiger geworden und haben höhere Gewinne gemacht. Trotzdem blieben die Gewerkschaften bescheiden, als sie am Mittwoch ihre Lohnforderungen artikulierten. Als erste der japanischen Betriebsgewerkschaften forderte die Gewerkschaft des Autobauers Daihatsu am Mittwoch lediglich Lohnerhöhungen von „mehr als einem Prozent“. Daihatsu, eine Tochter des Weltmarktführers Toyota, setzt damit eine Messlatte für die Tarifverhandlungen in dem ostasiatischen Land im Frühjahr.
Allerdings gibt es nach wie vor Überproduktion und eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit in Japan. Der Druck, die Löhne zu erhöhen, ist für die Unternehmen also gering – zumal die steigenden Gewinne der Exportunternehmen weniger auf steigende Absatzzahlen im Ausland als auf den geschwächten Yen zurückzuführen sind. Unternehmen und Gewerkschaften befürchten, dass steigende Lohnkosten die Wettbewerbsfähigkeit schnell schwächen könnten, wenn der Yen wieder stärker wird.
Abe und seiner Politik droht das Scheitern. Auch deswegen fordert der Regierungschef nun beinahe täglich, die Löhne müssten steigen. Das sei wichtig, um endlich Wachstum zu fördern, sagte er. Japans Unternehmen – und auch Gewerkschaften – sehen dagegen die Risiken seiner allein auf lockerer Geldpolitik basierenden Strategie offensichtlich deutlicher.