Koalitionsstreit : Angela Merkel lehnt höhere Pendlerpauschale ab
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Bild: Seuffert, Felix
Aus der FDP und der CDU wächst der Druck auf die Kanzlerin: Arbeitnehmer litten unter den Mobilitätskosten, Spitzenkandidat Röttgen sieht den Staat in der Pflicht.
Die Pendlerpauschale spaltet die Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt trotz Rekordpreisen an den Tankstellen eine stärkere steuerliche Beteiligung des Fiskus an den Kosten der Fahrt zur Arbeit ab.
Gleichzeitig wächst der Druck aus der eigenen Partei auf die CDU-Vorsitzende, etwas für die Arbeitnehmer zu tun, die mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Montag in Berlin, das Wettbewerbsrecht sei das geeignete Mittel, um möglichem Marktmissbrauch im Mineralölbereich zu begegnen.
So gebe es bereits das Verbot, dass Mineralölkonzerne ihren Tankstellen Benzin günstiger verkaufen dürfen als den freien Tankstellen. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sich angesichts von Rekordpreisen an den Tankstellen für eine Anpassung der Pendlerpauschale ausgesprochen. „Die Arbeitnehmer leiden erheblich unter den Mobilitätskosten“, sagte ein Sprecher Röslers. Der Minister halte daher an seiner Forderung fest. Wenn sich die beiden Parteivorsitzenden nicht bald einigen, könnte das Thema auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses landen.
Röttgen sieht Staat in der Pflicht
Auch in der CDU wächst der Druck, die Arbeitnehmer zu entlasten. „Es ist jetzt die Aufgabe und Pflicht des Staates, dieses Verhalten des Missbrauches von Marktmacht von einigen Konzernen unter Kontrolle zu bekommen. Wenn der Staat es nicht schafft, darf der Staat es nicht die normalen Arbeitnehmer bezahlen lassen“, sagte ihr Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen.
Der Parteivize und Bundesumweltminister unterstützte für den Fall, dass das Wettbewerbsrecht nicht hilft, die Forderung des Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, nach einer höheren Pendlerpauschale. Röttgen sagte, „dann muss der Staat dem Bürger erstatten, was er braucht, um zu seiner Arbeitsstätte zu kommen“.
Pauschale unabhängig vom Verkehrsmittel
Zuvor hatte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sich dafür ausgesprochen, falls andere Mittel zur Entlastung versagten. Er ist wie Röttgen einer von vier Stellvertretern Merkels in der Bundespartei.
Arbeitnehmer können für den Weg zur Arbeit 30 Cent je Kilometer ansetzen. Dies gilt unabhängig vom Verkehrsmittel, also auch für Fußgänger und Fahrradfahrer. Die Pauschale gilt für die Entfernung von der Wohnung zur Arbeitstätte, deswegen ist offiziell von einer Entfernungspauschale die Rede.
Für Dienstfahrten werden für jeden gefahrenen Kilometer vom Finanzamt 30 Cent pauschal als Kosten anerkannt, also doppelt so viel wie beim Arbeitsweg. Die große Koalition hatte die Entfernungspauschale für die ersten 20 Kilometer gestrichen, dies war aber vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden.
Städtetag für Abschaffung der Pauschale
Es hat aber ausdrücklich dem Gesetzgeber zugestanden, sich mit einem grundlegenden Systemwechsel von der Pendlerpauschale zu befreien.
Der Deutsche Städtetag setzt sich seit längerem dafür ein, dass die Entfernungspauschale gekürzt wird. Nach seiner Einschätzung fördert sie die Abwanderung aus den Städten.
Sie wirke sich damit negativ auf die Verkehrssituation und die Umwelt aus. Im Rahmen einer Reform des gesamten Steuersystems sei eine vollständige Abschaffung der Entfernungspauschale zu prüfen.
DIHK fordert Senkung der Energiesteuer bei steigenden Preisen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte vor den wirtschaftlichen Folgen des Benzinpreisanstiegs. Er sprach sich für eine Senkung der Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) aus, wenn die Entwicklung an den Tankstellen fortsetzen sollte.
„Ein Benzinpreis von 2 Euro streut Sand ins Konjunkturgetriebe“, sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben dieser Zeitung. „Wenn sich der Benzinpreis der 2-Euro-Marke nähert, dann gehört auch die Diskussion um eine Senkung der Mineralölsteuer auf die Tagesordnung“, verlangte Wansleben.
Schon jetzt profitiere der Staat bei steigenden Preisen von zusätzlichen Steuereinnahmen. „Bald ist der Punkt erreicht, an dem der Staat diese Mehreinnahmen an Bürger und Unternehmen zurückgeben muss.“