Im Gespräch: Wolfgang Schäuble : „Die Lage ist zu ernst für Spielchen“
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„Ich habe immer noch Freude an der Politik.“ Wolfgang Schäuble kandidiert auch für den nächsten Bundestag Bild: Dominik Butzmann/laif
Finanzminister Wolfgang Schäuble rüffelt den Bundesbank-Chef, weil der sich öffentlich gegen den Kauf von Staatsanleihen ausspricht. Im Interview spricht Schäuble zudem über seine Pläne kurz vor dem 70. Geburtstag und sein Verhältnis zu Helmut Kohl.
Herr Schäuble, wie geht die Euro-Rettung nach dem Urteil aus Karlsruhe weiter?
Das Urteil ändert hoffentlich etwas in der öffentlichen Debatte. Jetzt ist durch das Gericht ganz klar und für alle sichtbar festgestellt, dass die Bundesregierung sich strikt an die Verfassung hält. Inhaltlich und in der Sache ändert sich nichts.
Wie gespannt waren Sie auf das Urteil der Richter?
Ich habe großes Vertrauen in das Gericht, aber natürlich auch in unsere Arbeit. Jetzt haben wir die Bestätigung aus Karlsruhe: Unsere Interpretation des ESM-Vertrags stimmt. Die deutsche Haftung ist auf 190 Milliarden Euro begrenzt und die Budgethoheit des Bundestags ist voll gewahrt.
Ganz so eindeutig scheint das im Vertrag nicht zu sein: Das Gericht hat der Bundesregierung doch gerade aufgetragen, diese Obergrenze verbindlich festzuklopfen.
Stimmt nicht. Da muss man eben das Urteil genau lesen. Das Gericht bestätigt die Interpretation der Bundesregierung. Es wollte nur sicherstellen, dass dies auch die anderen Vertragspartner wissen. Dazu dient die Erklärung, die wir jetzt noch abgeben werden.
Kläger wie Peter Gauweiler verbuchen das Urteil auch als Erfolg, weil es die 190 Milliarden Euro als Obergrenze definiert.
Die Obergrenze für die Haftung der einzelnen Mitgliedstaaten ist im ESM-Vertrag, den Leitlinien und dem dazugehörigen Gesetz bereits klar und eindeutig festgelegt. Was uns der Kollege Gauweiler in einer manchmal verletzenden Art und Weise unterstellt hat, ist falsch. Ich kann nur hoffen, dass er das respektiert und jetzt aufhört zu behaupten, wir würden das Grundgesetz verletzen.
Ist die Frage nach der Obergrenze noch wichtig? Seit Sie den Kauf von Staatsanleihen an die EZB delegiert haben, brauchen Sie um Parlamentsmehrheiten für neue Rettungspakete doch gar nicht mehr zu kämpfen.
Ich bitte Sie! Das ist schon wieder eine Unterstellung - der Versuch, die Dinge ins Gegenteil zu verkehren. Die Lage ist zu ernst, als dass wir uns solche Spiele leisten können. Eigentlich haben Sie doch sonst den Anspruch, Ihre Leserschaft objektiv und sachlich zu informieren.
Aber es ist doch so: Wenn die Milliarden des Rettungsschirms nicht reichen, legt die Zentralbank das fehlende Geld obendrauf?
Das Gericht hat deutlich gesagt, dass ESM und EZB nichts miteinander zu tun haben. Die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik wird strikt eingehalten. Die Fiskalpolitik ist für Staatsfinanzen zuständig. Die Geldpolitik ist der unabhängigen EZB überantwortet. Sie ist der Stabilität der Währung verpflichtet und hat das Mandat, die Gemeinschaft angemessen mit Geld zu versorgen.
Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, finanziert sie Staaten.
Die EZB hat immer gesagt, sie kaufe Staatsanleihen nur aus geldpolitischer Verantwortung heraus. Und sie wird das nur in solchen Ländern tun, die unter dem Rettungsschirm sind und die sich an strikte Auflagen halten. Es geht darum, Übertreibungen an den Märkten einzudämmen.
Die Verfassungsrichter sagen: Die EZB umgeht das Verbot monetärer Staatsfinanzierung, wenn sie Anleihen am Sekundärmarkt kauft, also von den Banken.
Würden die Interventionen der EZB ihr geldpolitisches Mandat überschreiten, wäre das monetäre Staatsfinanzierung. Aber das ist ja gerade nicht der Fall.