Im Gespräch: Dirk Niebel : „Entwicklungshilfe muss sich überflüssig machen“
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Dirk Niebel: „Nach meinem von viel Kritik und Häme begleiteten Beginn kann ich nur erfolgreich sein” Bild: ddp
Arbeitsmarktpolitiker, FDP-Generalsekretär, Fallschirmjäger - mit vielem, nur nicht mit der Armut in der Welt hat sich Dirk Niebel bisher in seinem Leben beschäftigt. Seit wenigen Wochen ist das anders. Der neue Entwicklungshilfeminister im Interview.
Arbeitsmarktpolitiker, FDP-Generalsekretär, Fallschirmjäger - mit vielem, nur nicht mit der Armut in der Welt hat sich Dirk Niebel bisher in seinem Leben beschäftigt. Seit wenigen Wochen ist das anders. Der neue Entwicklungshilfeminister im Interview.
Wie motiviert man sich für ein Amt, das man eigentlich abschaffen will?
Es ging nicht um die Abschaffung des Ministeriums, weil man es nicht wollte. Die Entwicklungszusammenarbeit ist ein wichtiges Politikfeld. Aber die Abstimmung mit den anderen Ressorts hat nicht funktioniert. Wir können jetzt mit den FDP-Ministerien tolle Synergien schaffen.
Das Auswärtige Amt führt Ihr Parteivorsitzender. Fragen Sie nun dort jeden Tag nach, was Sie machen dürfen?
Nein, ich lasse mir keinen Tagesbefehl geben. Ich rufe nicht täglich an. Ich leite eigenverantwortlich mein Ministerium.
Ein Mann aus der Partei wird Ihr Staatssekretär. Warum nehmen Sie nicht jemanden mit entwicklungspolitischer Erfahrung?
Den Gegensatz, den Sie konstruieren, den gibt es nicht. Hans-Jürgen Beerfeltz hat entwicklungspolitische Erfahrung. Wenn Sie in ein Haus kommen, das elf Jahre von einer anderen Partei geführt wurde, dann hilft es, wenn man jemanden gut kennt.
Der FDP-Politiker Walter Scheel hat vor fast fünfzig Jahren das Entwicklungsministerium aufgebaut. An der Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt hat sich wenig geändert.
Es hat sich in der Zeit viel zum Guten verändert, obwohl es noch unendlich viel Elend und Armut gibt. Viele, die man damals als Entwicklungsländer angesehen hat, sind in den Kreis der Schwellenländer aufgerückt.
Dass China Fortschritte gemacht hat, dürfte weniger an der Entwicklungshilfe als an den internen Reformen gelegen haben.
Sowohl als auch. Die Entwicklungszusammenarbeit ist nicht nur das Verteilen von Nothilfe, von Nahrungsmitteln, sondern auch das Ertüchtigen, seine Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist es, sie überflüssig zu machen. Das ist in manchen Fällen greifbar nah und in manchen weit weg.
Warum funktioniert das in Afrika so wenig?
Das ist unter anderem eine Frage von fairen Handelsbeziehungen. Durch Handelshemmnisse und Exportsubventionen verlieren Entwicklungsländer mehr als ihnen durch aktive Entwicklungshilfe zugeführt wird. Das schadet ihnen, aber auch uns.
Das erklärt nicht, warum in Asien der Aufbruch gelingt, in Afrika nicht.
Dort sind die nationalen Eliten vielfach nicht in der Lage oder bereit, Verantwortung für ihr eigenes Land zu übernehmen.
Kann man, darf man solchen Ländern helfen?
Die Frage der guten Regierungsführung ist für uns eine der Grundfragen der Zusammenarbeit. Natürlich können Sie nicht die mitteleuropäischen Maßstäbe anlegen. Aber nicht ohne Grund hat der Außenminister in Kabul eine stärkere Bekämpfung der Korruption angemahnt.
Solange Deutschland sich politisch verpflichtet sieht zu helfen, wird sich nichts ändern.
Man kann dann andere Wege einschlagen, die offiziellen Kontakte zwischen den Regierungen einfrieren und mit eigenen Organisationen Projekte durchziehen. So kann man das Risiko minimieren, dass Mittel versickern.
Ihre Beamten handeln mit Regierungsvertretern anderer Länder die Bereiche aus, die gefördert werden. Wird der Liberale Niebel zum Planwirtschaftler?
Nein, überhaupt nicht. Entwicklungszusammenarbeit ist Hilfe zur Selbsthilfe. Sie ist werteorientiert, sie ist aber auch interessegeleitet. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht. Entwicklungszusammenarbeit muss nicht schädlich für deutsche Unternehmen sein.