Haruhiko Kuroda : Japans Währungskrieger
- -Aktualisiert am
Der neue Gouverneur der Notenbank Haruhiko Kuroda Bild: REUTERS
Mit dem großen geldpolitischen Knall der Bank von Japan ist sich Haruhiko Kuroda treu geblieben. Japans Ministerpräsident könnte sich keinen besseren Notenbankchef wünschen.
So überrascht selbst die Finanzmärkte auch waren, Kurodas Vertraute sagen, dieser Schritt liege im Naturell des neuen Gouverneurs der Notenbank. Immer wieder habe der 68 Jahre alte frühere Präsident der Asiatischen Entwicklungsbank die Politik seines Vorgängers Masaaki Shirakwa als zu zögerlich kritisiert; immer wieder habe er gesagt: Um Japan aus der Deflation zu führen, müsse die Notenbank die Druckerpresse anwerfen und die Märkte mit Geld fluten.
Dieses Plädoyer für eine aggressive Geldpolitik hat ihn schon früh zum Favoriten für Japans neuen Regierungschef Shinzo Abe gemacht. Abe sieht in einer aggressiven Geldpolitik das Allheilmittel zur Lösung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Land der aufgehenden Sonne. Zwar warnen Ökonomen, dass sich Wettbewerbsfähigkeit für Japan auf Dauer nur über Strukturreformen erreichen lässt. Kurzfristig aber gibt ein abgewerteter Yen den großen Exportunternehmen Luft, die zwar nur noch 15 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes, aber 50 Prozent zum Wachstum beitragen.
Aggressive Geldpolitik
Abe kennt den als Bücherwurm bekannten Kuroda seit langem. Als rechte Hand des früheren Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi stand Abe mit dem Oxford-Absolventen Kuroda in engem Kontakt. Kuroda war damals Berater des Regierungschefs in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen. In seiner Zeit als Vize-Finanzminister hat er um die Jahrtausendwende, als die Banken Asiens in der Krise steckten, eine Serie von Interventionen an den Währungsmärkten zu verantworten. Aus der Zeit stammt sein Ruf, ein „Währungskrieger“ zu sein.
Als heutiger Notenbankchef holt er sich einst das theoretische Rüstzeug für seine Entscheidungen vom Oxforder Ökonomen Irving Fisher. „Fischer argumentierte anhand der Großen Depression, dass die Deflation die Verschuldung erhöht und dadurch die ganze Wirtschaft schädigt“, erklärte er, als Abe gerade sondierte, wer als Notenbankchef seine aggressive Geldpolitik umsetzen könne. Für die neue, nach dem Regierungschef benannte „Abenomics“ konnte sich der Ministerpräsident keinen besseren Mann an der Spitze der Notenbank wünschen. Als Gouverneur der Bank von Japan behauptet Kuroda jetzt, seine aggressive Geldpolitik diene allein dem Ziel, Japan aus der Deflation zu führen. Die durch die Erhöhung der Geldmenge bedingte Abwertung des Yen gegenüber Dollar, Euro oder auch dem südkoreanischen Won sei ein Nebenprodukt dieser Politik. Dass dieses „Nebenprodukt“ zumindest von Abe gewollt wird, ist bekannt.
Seit Jahren verlieren japanische Elektrokonzerne wie Sony, Panasonic oder Sharp auf den Weltmärkten gegenüber ihren südkoreanischen Wettewerbern wie Samsung und LG Electronics an Boden. Der schwächere Yen soll ihnen auf den Exportmärkten verlorene Wettbewerbsfähigkeit zurück erobern. Kuroda ist aber auch wegen seiner Vernetzung in der japanischen - und in der internationalen - Finanzwelt schon früh der Favorit unter den Abgeordneten der regierenden Liberaldemokratischen Partei gewesen. Lange managte er die internationale Abteilung des Finanzministeriums. Er hat Erfahrung darin, eine Bank zu führen, er ist international vernetzt, er spricht Englisch - alles Voraussetzungen, die für ihn sprechen. Abe forderte, der neue Mann an der Spitze der Notenbank müsse die internationale Gemeinschaft davon überzeugen können, wie richtig und notwendig die neue aggressive Geldpolitik Japans ist. Einfach wird das nicht. Zudem hat sich Kuroda gleich nach seiner ersten Sitzung weit aus dem Fenster gelehnt.
Hatte sein Vorgänger Shirakawa stets betont, die Notenbank habe das Ziel, Japan binnen von zwei Jahren aus der Deflation zu führen, hat Kuroda die Bank jetzt festgelegt: Sie „wird“ ihr Inflationsziel von 2 Prozent in 2 Jahren erreichen. Mit den großangelegten Käufen von Staatsanleihen, die auf die Renditen drücken, will der Japans Unternehmen und Finanzinstitute zwingen, statt in sicheren Staatsanleihen in riskantere Anlagen zu investieren. Gleichzeitig soll die Angst vor Inflation die Bürger zum Konsum anregen. In einem Land, in dem die Sparquote auf 2 Prozent gefallen ist und die Sparvermögen zum weitaus größten Teil bei der Rentnergeneration liegen, ist Kuroda damit eine riskante Wette eingegangen.