Bundesagentur für Arbeit : Selbständige sollen seltener Hartz IV bekommen
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Ob das zum Leben reicht? Bild: dpa
Sie betreiben einen Kiosk, arbeiten als freie Fotografen oder als Künstler. Über die Runden kommen sie aber nur mit Hilfe vom Jobcenter. Das will die Bundesagentur für Arbeit jetzt einschränken.
Selbständige sollen ein geringes Einkommen nach Vorstellungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) nur noch für eine Übergangsfrist mit Hartz IV aufbessern dürfen. Das sehen interne Vorschläge von Mitarbeitern der BA für eine Rechtsvereinfachung bei Hartz-IV-Leistungen vor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegen. Derzeit beziehen nach Angaben des BA-Vorstandsmitglieds Heinrich Alt bundesweit rund 125.000 Selbständige Hartz IV, weil ihre Einkünfte zum Leben nicht ausreichen.
Konkret sehen die Vorschläge vor, Selbständige maximal zwei Jahre mit Hartz-IV-Leistungen zu unterstützen. „Ist nach dieser Zeit kein Lebensunterhalt sicherndes Einkommen aus Selbständigkeit vorhanden, soll die Selbständigkeit abgemeldet werden“, heißt es in dem internen Papier. „Hartz IV ist nun mal nicht dafür erfunden worden, unrentable Geschäftsmodelle dauerhaft durch die Allgemeinheit zu stützen“, sagte Alt. Wer künftig Hartz IV wolle, müsse belegen, dass sich die Geschäfte auch von allein tragen. „Wenn sich dann herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, sollte man wieder einen regulären Job wahrnehmen“, sagte Alt.
Auch sollen Selbständige nach den Bundesagentur-Vorschlägen künftig - anders als im Steuerrecht - nur noch 30 Prozent ihrer jährlichen Betriebsausgaben vom Gewinn abziehen dürfen. Es könne nicht sein, dass sich Freiberufler wie Anwälte oder Journalisten mit hohen Ausgaben arm rechneten, um sich so einen Anspruch auf Hartz IV zu sichern. Als Beispiel nannte Alt den Fall eines Fotografen, der sich eine Fotoausrüstung für rund 10.000 Euro zulegte und auf diese Weise seinen Gewinn so stark schmälerte, dass er zu einem Fall für das örtliche Jobcenter wurde.
Manche Bescheide sind 80 Seiten lang
Eine Neufassung des entsprechenden Paragrafen sei schon deswegen wünschenswert, weil Jobcenter-Mitarbeiter die Geschäftspolitik eines Freiberuflers oft gar nicht beurteilen könnten. „Wir haben auch Fälle, wo aufstockende Selbständige mehrere Mitarbeiter beschäftigen“, schilderte Alt. Das Jobcenter könne gar nicht einschätzen, ob sich das Geschäftsmodell rechnen würde, wenn der Selbständige etwa einen Mitarbeiter einsparen würde. Daher seien klare Regelungen nötig. Das letzte Wort hat hierbei der Gesetzgeber.
Die in einem 63-seitigen Papier zusammengefassten Vorschläge stammten zum überwiegenden Teil von Jobcenter-Mitarbeitern, die sich davon eine Entlastung bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen erhofften, erläuterte Alt. Die Vorschläge zur Entbürokratisierung seien ganz im Sinne des BA-Vorstandes. „Denn die Jobcenter-Mitarbeiter können sich so wieder mehr auf die Vermittlung von existenzsichernder Arbeit konzentrieren.“
Derzeit seien sie zu 50 Prozent mit der Berechnung von Hartz-Leistungen beschäftigt. Dabei sollte der Anteil eigentlich nur bei maximal 20 Prozent liegen. Inzwischen seien Akten für Hartz-IV-Leistungen im Schnitt 600 Seiten dick, sagte Alt. Manche Bescheide seien bis zu 80 Seiten lang.
Es heißt „Der Kiosk“, nicht „das Kiosk“. Das haben wir korrigiert und danken unserem Leser Olaf Dee.