Hofreiter gegen Nespresso : Toni, George und die unkorrekten Kapseln
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Anton Hofreiter Bild: Lüdecke, Matthias
Wirtschaftlich ist das Konzept Kapselkaffee genial, für die Umwelt ist es eine Belastung. Wieso der Grünen-Fraktionschef Toni Hofreiter dem Hollywoodstar George Clooney seine Kaffeewerbung übelnimmt.
Eigentlich geht es für die Bundestagsfraktion der Grünen diese Woche um Dinge wie „In die Zukunft gleiten – neue Formen der Mobilität“ oder „Anders arbeiten, besser leben – Zeitsouveränität“. Das zumindest sieht die Tagesordnung für die traditionelle Klausur in Weimar vor, die am Mittwoch begonnen hat. Vor dem Ringen um grüne Linien unternahm Fraktionschef Toni Hofreiter aber noch einen Kurztrip nach Hollywood – zumindest verbal.
Physisch ging es nur nach Berlin-Kreuzberg, in einen Supermarkt, der ohne Verpackungen auskommt. Dort warb Hofreiter für einen weniger verschwenderischen Umgang mit Plastik. Und wo er schon beim Werben war, gab er der Werbe-Ikone George Clooney gleich noch einen mit: Dieser könne wahrlich „für bessere Produkte“ als die Nespresso-Kaffeekapseln des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé werben, denn die Kapseln produzierten jede Menge überflüssigen Müll.
Umweltorganisationen warnen schon länger vor den Kapseln, die in den schicken Nespresso-Boutiquen präsentiert werden wie Kleinode. Denn mit dem Siegeszug der Kapseln ist ein wachsender Müllberg verbunden: Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands wurden 2005 in Deutschland 800 Tonnen Kapselkaffee getrunken, 2013 schon 12.700 Tonnen, was zwei Milliarden Kapseln entspricht. Nespresso ist der Platzhirsch in der Szene. Die Deutsche Umwelthilfe rechnet vor, dass auf sechs Gramm Kaffee rund drei Gramm Abfall kommen, eine „verheerende Materialbilanz“. Zudem sind die Nespresso-Kapseln aus Aluminium, dessen Herstellung viel Energie kostet: 14 Kilowattstunden je Kilo, was in Deutschland 8,4 Kilogramm CO2 entspricht.
Robbie Williams wirbt für die Billigkonkurrenz
„Aluminium ist von allen durch Nespresso getesteten Materialien das Beste für die Versiegelung der Qualität, des Aromas und des Geschmacks“, argumentiert das Unternehmen. Außerdem hätten schon heute mehr als 80 Prozent der Kunden Zugang zu Recycling-Systemen, Ziel seien 100 Prozent. In Deutschland legt Nespresso den Kunden nahe, die Kapseln in der gelben Tonne zu entsorgen oder in die Läden zurückzubringen. Wie viele Kapseln wirklich wiederverwertet werden und wie viele doch im Restmüll landen, ist nicht bekannt. Die Grünen betonen, dass ohnehin nur ein Drittel aller Verpackungen aus dem Dualen System recycelt werde. Der Rest werde verbrannt.
Wirtschaftlich ist das Konzept genial: Verkauft wird weniger Kaffee für mehr Geld – im Extremfall für bis zu 80 Euro je Kilo. Einen maßgeblichen Anteil am Erfolg dürfte Frauenschwarm Clooney haben. Zwar ergeben Umfragen von Marktforschern, dass sich die Verbraucher oft nur an das prominente Werbegesicht erinnern können, nicht aber an das Produkt. Allerdings wirbt Clooney schon seit fast zehn Jahren für Nespresso, was ihn zu einem der dienstältesten Markenbotschafter macht. Inzwischen investieren auch die Hersteller günstiger Nachahmerprodukte in Prominente: Delica, ein Tochterunternehmen von Migros, bewirbt sein Konkurrenzprodukt „Café Royal“ seit kurzem mit dem Popstar Robbie Williams.