Gespräch mit Merkel : Putin stellt Lösung im Gasstreit in Aussicht
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Kanzlerin Merkel und Russlands Ministerpräsident Putin nach ihrem Treffen in Berlin: Herzlichkeit sieht anders aus Bild: dpa
Es war kein Freundschaftsbesuch: Kanzlerin Merkel hat den russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin bei einem Treffen in Berlin angesichts der weiter ausbleibenden Gaslieferungen unsanft angegangen. Unterdessen zeichnet sich im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine eine Lösung mit Hilfe westlicher Energiekonzerne ab.
Im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine zeichnet sich eine Lösung mit Hilfe westlicher Energiekonzerne ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin zeigten sich nach einem Treffen am Freitag in Berlin zuversichtlich, dass die russischen Gaslieferungen durch die Ukraine bereits in Kürze wieder erfolgen könnten. „Ich glaube, dass wir jetzt vor interessanten Vereinbarungen stehen, die schon bald eine Lösung bringen können“, sagte Putin. Der größte deutsche Gaskonzern Eon Ruhrgas bremste aber Erwartungen, dass eine Einigung unmittelbar bevorstehe. Vielmehr bestehe weiterer Gesprächsbedarf.
Die Kanzlerin forderte, dass das russische Gas so schnell wie möglich wieder in vollem Umfang nach Westeuropa und auch in Richtung Balkan geliefert werden müsse. „Wir haben einen Anspruch auf das Gas“, betonte sie während des gemeinsamen Auftritts vor Journalisten. Putin war zuvor mit den Chefs führender europäischer Gasversorger in Berlin zusammengetroffen, darunter Bernhard Reutersberg von Eon Ruhrgas und Paolo Scaroni vom italienischen Energiekonzern ENI. Die Unternehmen könnten ein Konsortium bilden, das die umstrittene Versorgung der Ukraine mit „technischem Gas“ sicherstellt. Dies wird benötigt, um den nötigen Druck in den Pipelines und Pumpstationen zu erzeugen, bevor wieder Gas fließen kann. Auch der französische Versorger GDF Suez und der deutsche RWE-Konzern prüfen eine Beteiligung. Das Gas würde vom russischen Gasprom-Konzern geliefert.
Merkel liefert sich halbstündigen Schlagabtausch mit Putin
Die Einzelheiten für eine Lösung müssten jetzt zwischen den Energiekonzernen sowie zwischen Russland und der Ukraine am Wochenende ausgehandelt werden, sagte Putin. Das technische Gas würde das Konsortium von Januar bis März Berechnungen zufolge rund 700 Millionen Dollar kosten. Der Streit um ukrainische Gasschulden und einen neuen Gaspreis hatte Ende 2008 den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verschärft. Seit Jahresbeginn stoppte der Staatskonzern Gasprom nach und nach die Lieferungen in 18 Staaten. In etlichen Ländern wie Rumänien, Bulgarien und Slowakei können Wohnungen mitten im Winter nicht mehr beheizt werden.
Merkel beharrte während des halbstündigen Auftritts mit Putin vor Journalisten mehrfach darauf, dass schnellstmöglich das Gas aus Russland „in vollem Umfang“ wieder entsprechend der Verträge geliefert werden müsse. Ansonsten erleide Russland einen großen Vertrauensschaden. Schon am Montag habe eigentlich nach der Entsendung von EU-Beobachtern das Gas wieder vollständig geliefert werden sollen, hielt sie Putin vor. Dieser nutzte die Gelegenheit und wiederholte minutenlang die Vorwürfe an die Ukraine, russisches Gas abgezapft zu haben und Niedrigpreise durchsetzen zu wollen.
Bringt das Gipfeltreffen in Moskau eine Lösung?
Merkel entgegnete kühl, schuld sei in solchen Streitigkeiten nie nur einer der Beteiligten. Unabhängig von ihren bilateralen Streitigkeiten müssten Russland und die Ukraine ihren Verpflichtung nachkommen. „Das ist die Erwartung“, sagte Merkel und fügte mit Blick auf Putin hinzu: „Ich glaube, dass es auch im russischen Interesse ist, wenn in Westeuropa wieder Gas ankommt.“ Daraufhin schleuderte Putin auf Deutsch nur ein kurzes „Jawohl!“ zurück.
Putin will am Samstag in Moskau mit der ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko zusammentreffen. An dem Gipfel nehmen auch EU-Energiekommissar Andris Piebalgs und der tschechische Handelsminister Martin Riman teil. Russland und die Ukraine hätten in den kommenden Tagen die „letzte und beste“ Chance zu demonstrieren, dass sie den Streit ernsthaft lösen wollen, sagte ein EU-Kommissionssprecher. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ist die Situation in den deutschen Gasspeichern noch entspannt. Die Energieversorgung der EU ist stark von Russland abhängig. Ein Viertel der Gaslieferungen läuft über Leitungen durch die Ukraine.