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Gesetzentwurf : Rentenreform kostet bis 2020 rund 60 Milliarden Euro

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Mehr Geld für die Rente macht die neue Regierung mobil. Bild: Fabian Fiechter

Die große Koalition konkretisiert ihre Pläne für den Umbau der Rente. Der Beitragssatz soll 2019 steigen und für die höheren Ausgaben die Rentenkasse geleert werden.

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          Die von der Großen Koalition erdachte Rentenreform wird die Rentenkasse bis zum Jahr 2020 mit Mehrausgaben von etwa 60 Milliarden Euro belasten. Das hat das Bundesarbeitsministerium ausgerechnet. Aus dem nun vorliegenden Gesetzentwurf geht zudem hervor, dass der Zuschuss aus Steuergeldern an die Rentenkasse erst ab dem Jahr 2019 steigen soll. Bis dahin würden die Mehrausgaben etwa für eine höhere Mütterrente aus den Rücklagen der Rentenversicherung und durch den Verzicht auf Beitragssenkungen bezahlt. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll stabil bei 18,9 Prozent bleiben und erst 2019 auf 19,7 Prozent steigen.

          Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die den Entwurf am Mittwochabend allen Bundesministerien zur Abstimmung schickte, präzisiert darin Absprachen des Koalitionsvertrages. Für die abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren sollen zwar Zeiten der Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden - allerdings nur, wenn Anspruch auf Arbeitslosengeld I bestand. Hartz-IV-Bezieher und Dauerarbeitslose blieben außen vor.

          Die neuen Leistungen sollen ab 1. Juli wirksam werden. Ab dann soll es eine höhere Mütterrente für Frauen mit vor 1992 geborenen Kindern, die abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren und mehr Geld für Erwerbsminderungsrenten geben. Das Kabinett soll das Gesetz am 29. Januar auf den Weg bringen. In diesem Jahr schlagen die Mehrausgaben dem Entwurf zufolge mit 4,4 Milliarden Euro zu Buche. Sie steigen 2015 auf neun Milliarden Euro und erreichen 2030 elf Milliarden Euro im Jahr.

          Ab 2019 steigt der Rentenbeitragssatz

          Um zusätzliches Geld aus dem Bundeshaushalt hatte es bis zuletzt Verhandlungen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegeben, der in der laufenden Wahlperiode bis 2017 kein zusätzliches Geld für die Leistungsausweitungen geben wollte. Dies war auch im Koalitionsvertrag vereinbart.

          Schäuble setzte sich dem Entwurf zufolge zwar durch, aber nur eingeschränkt: Der Bundeszuschuss soll stufenweise erst 2019 bis 2022 um jährlich jeweils 400 Millionen Euro erhöht werden. Am Ende sollen jährlich rund zwei Milliarden Euro zusätzlich fließen. Dennoch wird der Bundesetat bis 2017 jährlich fast 1,5 Milliarden Euro mehr für die Rentenkasse aufbringen müssen, weil auf die eigentlich mögliche Senkung des Beitragssatzes verzichtet wird. Der Beitragssatz wird in einem eigenen Gesetz geregelt, das vor Weihnachten in den Bundestag eingebracht wurde und Ende Januar verabschiedet werden soll.

          Der Beitragssatz zur Rentenversicherung, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufbringen, bliebe dem Gesetzentwurf zufolge bis 2018 stabil bei 18,9 Prozent des Bruttolohns. Im Jahr darauf stiege er aber auf 19,7 Prozent. Im Jahr 2030 läge er den Berechnungen zufolge bei 22 Prozent.

          Rentenkasse wird angezapft

          Die größten Kosten verursacht die höhere Mütterrente: Für vor 1992 geborene Kinder bekommen Mütter ab 1. Juli zwei Rentenpunkte statt bisher einen. Dieser ist im Westen derzeit gut 28 Euro im Monat und im Osten knapp 26 Euro wert. Die Mehrausgaben belaufen sich laut Gesetzentwurf auf zunächst 6,7 Milliarden Euro im ganzen Jahr. Die Kosten der Rente ab 63 steigen von jährlich 1,9 Milliarden Euro auf 3,1 Milliarden im Jahr 2030. Für höhere Erwerbsminderungsrenten werden im Jahr 2013 Mehrausgaben von 2,1 Milliarden Euro veranschlagt. Auch das Budget für Rehabilitationsausgaben soll leicht steigen.

          Finanziert wird die Rentenreform demnach überwiegend von den Beitragszahlern, da die Rücklagen der Rentenkasse aufgezehrt werden und auf die in diesem Jahr eigentlich mögliche Senkung des Beitragssatzes verzichtet wird. Aber auch derzeitige und künftige Rentner tragen zur Finanzierung bei: Durch den Verzicht auf Beitragssenkungen und die höheren Rentenausgaben fallen die jährlichen Rentenerhöhungen niedriger aus, wird in der Begründung des Gesetzentwurfs eingeräumt: „Das Sicherungsniveau vor Steuern fällt somit geringer aus.“

          Das Mindestsicherungsniveau beziffert die Rentenhöhe eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren im Vergleich zu einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt heutzutage. Laut Gesetzentwurf sinkt das Sicherungsniveau nun schneller: Während der Rentenversicherungsbericht vom November 2013 für 2030 noch ein Rentenniveau von 44,4 Prozent vorhersagte, geht das Arbeitsministerium nun von nur noch 43,7 Prozent aus. Derartige Berechnungen setzen aber immer voraus, dass Konjunktur und Beschäftigung sich nicht schlechter entwickeln als erwartet.

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