Rüstungsindustrie : Gabriel: Jobs für Waffenexporte nicht entscheidend
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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beim Meinungsaustausch mit Betriebsräten der Rüstungsindustrie: Gewerkschaftsvertreter Jürgen Bühl (l.) von der IG Metall und Ernst-August Kiel (r.), Betriebsratsvorsitzender der ThyssenKrupp Marine Systems GmbH Bild: dpa
Angst um Arbeitsplätze dürfe keine ausschlaggebende Rolle für Rüstungsexporte spielen, sagt der Wirtschaftsminister. Außerdem fordert er, dass die Europäer in Sachen Rüstung enger zusammenarbeiten.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will
sich von seinem strikten Kurs bei Waffenexporten auch nicht von Arbeitsplatzsorgen in der Branche abbringen lassen. Das könne nicht das entscheidende Argument sein. „Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen“, zitierte Gabriel nach einem Treffen mit rund 20 Betriebsräten in Berlin die für den Rüstungsexport maßgeblichen politischen Grundsätze, die noch aus rot-grünen Zeiten im Jahr 2000 stammen. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, dass diese weiter für Exportentscheidungen anzuwenden seien.
Darin werden Exporte in sogenannte Drittstaaten außerhalb von EU- und NATO-Ländern nur in Ausnahmefällen erlaubt, wenn sie besonderen Sicherheits- und Bündnisinteressen Deutschlands entsprechen. Die Ausnahme sei unter Schwarz-Gelb aber zur Regel geworden, kritisierte Gabriel.
Scharfe Kritik aus der Union am Stopp vieler Geschäfte wies er
zurück. Kein Rüstungsunternehmen sei vom Export auf die arabische Halbinsel abhängig. Der Irak zeige, dass hier von Ost und West die Büchse der Pandora durch frühere Waffenlieferungen geöffnet worden sei. „Diese Büchse ist randvoll mit Waffen.“
Rüstung soll europäisch werden
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU), hatte am Vormittag gesagt: „Was Gabriel macht, ist aus meiner Sicht eine Gefährdung der nationalen Sicherheit.“ Er warf dem SPD-Vorsitzenden vor, Deutschland mit seiner strikten Linie zu schaden. „Ohne eine politische Debatte in der Koalition werden Exportanfragen widerrufen oder liegengelassen.“ Selbst Verbündete wie Japan oder Australien seien bei Anfragen auf einmal suspekt. So werde Deutschlands Bündnisfähigkeit und Verlässlichkeit infrage gestellt.
Die Betriebsräte, mit denen Gabriel sprach, mahnten ein rasches Konzept an und mehr Aufträge von der Bundeswehr. Jürgen Bühl von der IG Metall betonte, man sei sich einig, dass Menschenrechte wichtiger seien als Exporte. Gabriel sagte, es sei wichtig, über Anschlussprojekte bei auslaufenden Bundeswehrprojekten zu reden. Er kündigte Gespräche dazu mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) an.
Außerdem will der Wirtschaftsminister die deutsche Rüstungsindustrie konsolidieren und europäisieren. Es sei nicht sinnvoll, wenn 28 EU-Staaten in Sachen Rüstung alle ihr eigenes Ding machten. Die Bundesregierung müsse klären, welche Kernkompetenzen in Deutschland erhalten werden sollten und welche Rolle die Bundeswehr dabei spiele. Es gehe etwa um die Frage, welche Rüstungsprojekte künftig in der deutschen Armee anstünden. Darauf könne er als Wirtschaftsminister keine Antwort geben.
Die Debatte dürfe sich nicht allein um Rüstungsexporte drehen, betonte Gabriel. Auch eine Erhöhung der Ausgaben für die Instandhaltung von Militärmaterial - ein Posten, der unlängst wegen knapper Kassen gesenkt wurde - könne zum Erhalt der Rüstungsbetriebe beitragen.
Die Ausfuhren in Länder außerhalb von EU und Nato - sogenannte Drittstaaten - waren im vergangenen Jahr auf Rekordhöhe gestiegen. In 2013 hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung aus Union und FDP Rüstungsexporte von insgesamt 8,34 Milliarden Euro genehmigt. Die meisten Güter gingen nach Algerien (825,7 Millionen Euro), Katar (673,4 Millionen Euro), die Vereinigten Staaten (610,7 Millionen Euro), Saudi-Arabien (361 Millionen Euro) und Indonesien (295,7 Millionen Euro). Die SPD hatte im Wahlkampf versprochen, die Rüstungsausfuhren deutlich zu verringern.
Deswegen hatte Gabriel, in dessen Ministerium die Zuständigkeit dafür fällt, unlängst eine Reihe von Rüstungsprojekten gestoppt. Das prominenteste Beispiel ist ein Gefechtszentrum, dass der Hersteller Rheinmetall an Russland liefern wollte und das nun nicht vollendet wird - zumindest nicht von Mitarbeitern des deutschen Unternehmens.