
EZB senkt Leitzins auf Rekordtief : Draghis Paukenschlag
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Mario Draghi Bild: REUTERS
Die EZB ist entschlossen, die Politik des billigen Geldes noch zu verschärfen. Banken können sich nun praktisch zum Nulltarif Geld leihen. Und damit Staatsanleihen kaufen.
Es ist ein Paukenschlag aus Europas Zentralbank: Ihr Präsident Mario Draghi und die Mehrheit der Ratsmitglieder sind entschlossen, die Politik des billigen Geldes noch zu verschärfen. Die Senkung des EZB-Leitzinses auf ein Rekordtief hat an den Börsen ein Kursfeuerwerk ausgelöst. Zuvor hatten die Analysten nicht glauben wollen, dass die Zentralbank sogleich an der Zinsschraube drehen werde, weil die Inflationsrate im Oktober unerwartet stark gesunken war. Denn der Sinkflug war vor allem gefallenen Erdöl- und gebremsten Nahrungsmittelpreisen zuzuschreiben.
Aber es gibt auch verminderten internen Preisdruck wegen der schweren Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosigkeit; die Menschen haben wenig Geld in der Tasche zum Einkaufen, das dämpft die Preisspielräume für Unternehmen. Deflationsgefahr sieht Draghi aber nicht, wie er auf der Pressekonferenz sagte. Zum Teil sei es sogar wünschenswert, dass die Krisenländer durch sinkende Lohnstückkosten verlorene Wettbewerbsfähigkeit zurückgewönnen, sagte Draghi. Dennoch sah sich die Zentralbank genötigt, durch noch billigeres Geld die Inflation wieder etwas anzufachen. Aus Rom und Paris waren dazu recht offene Aufforderungen erschallt.
Fraglich ist, ob die Zinsermäßigung um 0,25 Prozent in der Realwirtschaft wirklich etwas bewirkt. Die Kreditvergabe ist schwach, weil es vielen Banken in Südeuropa an Kapital fehlt. Und sie ist schwach, weil hochverschuldete Haushalte etwa in Spanien sparen müssen und keine neuen Kredite aufnehmen können. Doch die Schwemme des billigen Geldes, die Draghi bei Amtsantritt vor zwei Jahren mit der „Dicken Bertha“-Methode einleitete, hat noch andere Effekte.
Banken können sich praktisch zum Nulltarif Geld leihen und Staatsanleihen kaufen. So trägt Draghis Politik zu einer günstigeren Staatsfinanzierung der Krisenländer bei.
Der entschlossene Zinsschritt Richtung null hat jene widerlegt, die meinten, die Euro-Krise sei schon halbwegs überwunden. Ihr Arsenal an Kampfmitteln sei noch nicht ausgeschöpft, versichert Draghi. Noch mehr Liquiditätsspritzen, auch ein negativer Einlagenzinssatz für Banken sind möglich, obwohl sich die EZB damit auf unbekanntes Terrain begäbe. Aber Europa bewegt sich in der Euro-Krise ohnehin schon sehr weit auf ungesichertem, schwankendem Boden.
