Erbschaftsteuerreform : Alleinerben von Betrieben droht Steuerschock
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Bundesadler im Bundestag Bild: Anna Jockisch
Die Stiftung Familienunternehmen hat die Last aus der Reform vom vergangenen Herbst durchrechnen lassen. Das Ergebnis gibt Anlass zum Nachdenken.
Die reformierte Erbschaftsteuer kommt den deutschen Mittelstand teuer zu stehen. Das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung hat die Belastung für einen typischen größeren Betrieb mit gut 10 Millionen Euro Gewinn im Jahr durchgerechnet. Danach schlägt vor allem ins Kontor, dass mit wachsendem Betriebsvermögen die Erben nicht mehr so leicht einfach so verschont werden. Nach dem Gutachten kann sich die Erbschaftsteuer bei der Vererbung einer Kapitalgesellschaft an ein Kind verdreifachen. Sie steige von 13,7 Millionen Euro auf 43,4 Millionen Euro, heißt es in der Studie, welche die Mannheimer Forscher im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erarbeitet haben. Unter Berücksichtigung des speziellen Bewertungsabschlags für Familienunternehmen sinkt die ermittelte Steuerbelastung für den Alleinerben in dem untersuchten Fall auf 30,4 Millionen Euro.
Alles in allem kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass Deutschland durch die Erbschaftsteuerreform im Vergleich mit anderen Industrieländern zurückfällt. „Im Ranking der 18 betrachteten Länder nimmt Deutschland bei der Erbschaftsteuer die Schlussposition ein“, heißt es. Berücksichtige man zusätzlich den Vorwegabschlag für Familienunternehmen, ist in Deutschland immer noch die zweithöchste Erbschaftsteuerbelastung festzustellen. Man hat dafür in der Studie mit Durchschnittswerten für die Vererbung an ein Kind und einen Ehegatten gearbeitet.
Bei knapp 90 Millionen Euro die Nulllinie erreicht
Nicht nur die Vereinigten Staaten mit Präsident Donald Trump, sondern auch Großbritannien und Frankreich beneideten Deutschland um seine weltweit einmalige Unternehmenslandschaft mit vielen großen Familienunternehmen und einem wesentlichen industriellen Sektor, der ebenfalls von Familienunternehmen getrieben werde, mahnte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. Er warnte vor einem populistischem Wahlkampf auf Kosten der Wirtschaft: „Verlieren wir diese Unternehmenslandschaft durch politische Fehlentscheidungen, so werden wir diese Basis unserer sozialen Marktwirtschaft und das damit verbundene Steuersubstrat sowie vor allem die Arbeitsplätze kaum mehr zurückholen können.“
Mit der im Herbst vergangenen Jahres beschlossenen Neuregelung ist zwar der aus dem Gewinn abgeleitete Unternehmenswert geringer als vorher, aber dafür fallen eine Reihe von Vergünstigungen für Betriebserben weg – dies hatte das Bundesverfassungsgericht verlangt. Nunmehr wird sogenanntes Verwaltungsvermögen (Wertpapiere, vermietete Grundstücke, Kunstgegenstände) kaum noch verschont. Aber auch das restliche Vermögen im Betrieb kann nicht mehr so leicht an den Nachfolger übertragen werden, wenn eine bestimmte Größe (26 Millionen Euro) überschritten wird, ohne dass das Finanzamt etwas abbekommt. Der Betriebserbe hat dann zwei Möglichkeiten: Er kann die sogenannte Bedürfnisprüfung wählen, dann wird ihm zugemutet, dass er die Hälfte seines privaten Vermögens für die Steuer aufbringt. Oder er wählt das Abschmelzmodell. In dem Fall sinkt die erbschaftsteuerliche Verschonung mit der Größe des unternehmerischen Erbes, bis sie bei knapp 90 Millionen Euro die Nulllinie erreicht.
28,9 Millionen Euro statt 43,4 Millionen Euro
Wie die Gutachter hervorheben, kommt der Erbschaftsteuer eine bedeutende Rolle bei der Beurteilung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Familienunternehmen zu, da sie im Erbfall zu signifikanten Kapitalabflüssen führen kann. Vor allem das Abschmelzmodell treibe die Steuerlast in die Höhe. Die anderen Änderungen wirkten demgegenüber nur geringfügig entlastend oder belastend, heißt es. Diese generellen Auswirkungen gelten sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personenunternehmen. Bei Letzteren gibt es zusätzlich eine Belastung durch die Abschaffung der zinslosen Stundung, aber auch dies wird als weniger gravierend eingestuft. Die Wirkung der Verschonungsbedarfsprüfung sei stark einzelfallabhängig, sodass sich deren Auswirkungen nicht zuverlässig abschätzen ließen.
Entscheidend ist für das Finanzamt nicht der Wert des Nachlasses, sondern was beim Erben anfällt. So beträgt die errechnete Erbschaftsteuer für das untersuchte Modellunternehmen bei Vererbung an zwei Kinder zusammengenommen nur 28,9 Millionen Euro statt 43,4 Millionen Euro bei einem Alleinerben. „Bei einer hohen Anzahl an Erben können sich im Einzelfall verglichen mit der Erbschaftssteuerbelastung vor der Reform sogar Entlastungen ergeben“, heißt es in der Studie.