Energiewende : Ökostrom gefährdet Klimaziel
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Strom für Deutschland: Arbeit an einer neuen Hochspannungsleitung Bild: dapd
Die Energiewende wird zur Umverteilungsmaschine. Die Förderung läuft aus dem Ruder. Es gibt viel mehr Grünstrom als geplant. Die Preise für Emissionszertifikate verfallen. Kohle erlebt eine Renaissance. Und die Welt stößt mehr CO2 aus als jemals zuvor.
Der Strompreis spaltet Deutschland. Die Mehrheit der Bevölkerung fürchtet weiter steigende Energiepreise. Aber das kümmert die wachsende Schar von Profiteuren der Energiewende nicht. Denn wer mit einem Windrad, einer Solar- oder Biogasanlage auf das Subventionskarussell aufgesprungen ist, versorgt sich selbst mit Strom und kann obendrein so viel Strom produzieren, wie er möchte, weil Ökostrom im Netz immer Vorrang hat und auch noch zum Vorzugspreis abgenommen wird. Da man in Deutschland sich nur so vor ständig steigenden Strompreisen schützen kann, schrumpft die Zahl der „normalen“ Stromverbraucher, die als Mieter oder Gewerbetreibende für den Förderwahn aufkommen müssen.
Die Kosten für die Energiewende bezifferte Umweltminister Peter Altmaier im Gespräch mit dieser Zeitung auf eine Billion Euro. Das ist die Hälfte der deutschen Staatsschulden. Kein Wunder, dass Angela Merkel eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ihr dringendstes Vorhaben nennt – sollte sie Bundeskanzlerin bleiben. Sie will „den rasanten Anstieg“ der EEG-Umlage begrenzen. Das hat Merkel schon einmal versprochen – aber nicht gehalten. Vor zwei Jahren kündigte sie in ihrer Regierungserklärung nach der Atomkatastrophe in Japan an: „Die EEG-Umlage soll nicht über ihre heutige Größenordnung hinaus steigen; heute liegt sie bei etwa 3,5 Cent je Kilowattstunde.“
Gut ein Jahr später stand die Anhebung auf 5,3 Cent an, und man unkte, Merkel müsse bei ihrem Versprechen wohl ein Zahlendreher unterlaufen sein. Heute, da die nächste Anhebung auf rund 7 Cent bevorsteht, macht keiner mehr Witze. Denn damit wird allein die EEG-Umlage doppelt so teuer wie das Gut Strom, das an der Börse zu weniger als 4 Cent gehandelt wird. Für Otto Normalverbraucher kommen in der Ökoplanwirtschaft noch Stromsteuer, Mehrwertsteuer, Konzessionsabgabe, Kraft-Wärme-Kopplungs-Aufschlag und die Kosten für Stromerzeugung sowie Transport und Vertrieb hinzu, so dass der Stromkunde am Ende bis zu 30 Cent je Kilowattstunde zahlt.
Mehr deutscher Grünstrom als geplant
Weil die Förderung des Ökostroms völlig aus dem Ruder läuft, wird die Energiewende zu einer gigantischen Umverteilung. Durch ein Windrad erzielt ein kleiner Acker an der Küste eine jährliche Pacht von 30.000 Euro, während in der Pension daneben der Rotorlärm die Gäste vertreibt. Auf dem Land verdienen Hausbesitzer mit ihren Solardächern glänzend, zahlen tun dafür die Mieter in den Städten. Für die Umverteilung von unten nach oben stehen auch die riesigen Solarparks in Bayern. Großzügig gerechnet, bekommt Bayern das Geld, was es in den Länderfinanzausgleich einzahlt, über den EEG-Solarausgleich von Nordrhein-Westfalen zurückerstattet.
Das EEG ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein Staatseingriff in den Markt den nächsten nach sich zieht. Weil durch den zu schnellen Ausbau von Solar- und Windanlagen das Stromnetz an sonnigen und windigen Sommertagen die Last nicht tragen kann, bekommen Solar- und Windparkbetreiber Geld vom Staat fürs Nichtstun, für das Abklemmen vom Netz. Wenn der im Überfluss produzierte deutsche Ökostrom ins polnische oder holländische Stromnetz drückt, zahlen wir mit negativen Strompreisen dafür. Polen will sich künftig mit technischen Barrieren (Phasenschiebern) gegen unerwünschten deutschen Windstrom wehren. Was bleibt da vom europäischen Binnenmarkt? Man stelle sich vor, Frankreich sperrte im Verkehrswesen die Autobahnbrücke über den Rhein, weil in der Urlaubszeit zu viele deutsche Autos darüber rollen. Im Energiebereich ist das die Antwort unserer Nachbarn auf die deutsche Energiewende, die in ganz Europa die Strompreise grotesk verzerrt.