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Energiewende : EU-Kommission geht gegen Stromsubventionen vor

Stromproduktion auf See - wenn hier etwas nicht funktioniert, haftet künftig der Verbraucher.

Stromproduktion auf See - wenn hier etwas nicht funktioniert, haftet künftig der Verbraucher. Bild: dpa

Die Brüsseler Behörde kritisiert die Ausnahmeregeln für Betriebe, die sehr viel Storm verbrauchen. Jetzt will sie ein Verfahren gegen Deutschland eröffnen.

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          Die deutschen Strombeihilfen für Unternehmen werden jetzt auch von Brüssel überprüft. Die EU-Kommission will ein formelles Beihilfeverfahren gegen Deutschland wegen unerlaubter Subventionen eröffnen. Darüber hat die Generaldirektion Wettbewerb das Bundeswirtschaftsministerium informiert. Die Kommission erwäge auch, das gesamte Fördersystem nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, heißt es weiter in einem Gesprächsvermerk des Ministeriums.

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.
          Hendrik Kafsack
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

          In Brüssel wurde die Bedeutung einer möglichen generellen Einstufung des EEG als staatliche Beihilfe jedoch heruntergespielt. Es sei nicht zu erwarten, dass das EEG insgesamt untersagt werde. Staatliche Beihilfen seien im Zusammenhang mit der Förderung von erneuerbaren Energien schließlich im Interesse der EU und deshalb erlaubt.

          Kritik an Ausnahmen für stromintensive Betriebe

          Kritisch gesehen würden vor allem die Ausnahmeregeln, die in dem Gesetz für energieintensive Unternehmen vorgesehen seien. Kern des unerwarteten Vorstoßes sind die Netzentgeltbefreiung für stromintensive Betriebe sowie vor allem die „Härtefallregelung“, nach der Unternehmen mit einem hohen Stromverbrauch die EEG-Umlage zum Teil erlassen bekommen. Dabei geht es um Milliardenbeträge.

          Das Wirtschaftsministerium bestätigte, dass die Kommission die Ausnahmeregelungen prüfe. Man nehme die Debatte über mögliche Beihilfetatbestände bei den Ausnahmeregelungen sehr ernst und spreche darüber mit der EU-Kommission.

          Neues Gesetz in Deutschland: Verbraucher sollen für Versorgungsausfälle auf See haften

          Unterdessen hat der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen der Koalition wichtige Änderungen am Energiewirtschaftsrecht beschlossen. Sie sollen die Versorgungssicherheit erhöhen und die Energiewende voranbringen. Es geht vor allem um zwei Punkte: Der Gesetzgeber überträgt die Haftung für mögliche Ausfälle in der Stromerzeugung auf See auf die Verbraucher, deren Strompreis dadurch nach Schätzungen der Regierung um 1 Prozent steigen wird. Zudem darf die Bundesnetzagentur Kraftwerksbetreibern zur Stabilisierung des Stromnetzes künftig verbieten, Kraftwerke abzuschalten, selbst wenn diese nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Der Bundesrat will darüber in zwei Wochen beraten.

          Die Umkehr der Haftung - nicht der Lieferant, sondern der Verbraucher kommt dafür auf - ist aus Sicht von Union und FDP notwendig, damit der Ausbau der Meereswindparks nicht weiter stockt. „Offshore“ soll einen wachsenden Teil der Öko-Stromerzeugung sicherstellen, doch hinkt der Ausbau allen Plänen weit hinterher. Neben den erheblichen technischen und finanziellen Problemen beim Bau der Windparks gibt es Schwierigkeiten beim Bau des Netzes, das den Stromfluss von See an Land sicherstellen soll. Der für die Nordsee zuständige Netzbetreiber Tennet hatte vor einem Jahr mitgeteilt, er habe nicht genug Geld für etwaige Entschädigungsforderungen nach Netzausfällen oder Anschlussverzögerungen. Hinzu kommen Probleme, die geplanten Investitionen ausreichend mit Eigenkapital zu unterlegen.

          Netzbetreiber haften weniger

          Das Gesetzesnovelle reagiert darauf zweifach: Einerseits sollen künftig Planung und Bau von Windparks und Netz in einem auf zehn Jahre angelegten Plan besser aufeinander abgestimmt werden. Zudem werden die Haftungssummen für die Netzbetreiber auf ein Fünftel des Schadens, höchstens 110 Millionen Euro im Jahr reduziert. Bei einfacher Fahrlässigkeit beträgt der Selbstbehalt des Netzbetreibers 17,5 Millionen Euro. Tennet hieß die Entscheidung denn auch gut.

          Auf die Verbraucher kommen dadurch hohe Zusatzkosten zu, nach Branchenschätzungen mindestens 1 Milliarde Euro im Jahr. Die umzulegenden Kosten werden bei 0,25 Cent je Kilowattstunde gedeckelt - bei einem Vier-Personen-Durchschnittshaushalt sind das 8,75 Euro im Jahr. In den von vielen Stromversorgern angekündigten Preiserhöhungen um durchschnittlich 12 Prozent von Januar an ist dies schon enthalten. Weitere Kosten von bis zu 2 Euro je Haushalt entstehen durch die am Mittwoch vom Kabinett beschlossene „Abschaltverordnung“, die der Bundestag im Dezember beschließen dürfte.

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