Dubiose Wohnungsvermittlung : Wohin nur mit den Flüchtlingen in Berlin?
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Flüchtlinge warten auf ihr Geld im ICC Berlin. Bild: dpa
Berlin bringt seine Flüchtlinge nur sehr langsam unter. Die Verwaltung sucht immer noch nach geeigneten Plätzen. Davon profitieren auch sehr dubiose Geschäftemacher.
Als vor gut einem Jahr die Kanzlerin die Entscheidung zur Grenzöffnung traf, hat das die Hauptstadt in besonderer Weise getroffen. Im Gesamtjahr 2015 kamen fast 80.000 Migranten aus Krisengebieten nach Berlin, 55.000 beantragten Asyl. Fast zwei Drittel davon kamen in den letzten vier Monaten des Jahres, nach Merkels Willkommensgeste.
Danach verlief die Unterbringung und Versorgung lange Zeit chaotisch, weil die Sozialverwaltung völlig überfordert war. Mehr als sechzig Turnhallen wurden beschlagnahmt und in Sammelunterkünfte umgebaut. Inzwischen hat sich zwar der größte Druck gelegt, doch bleibt die Lage weiter für viele prekär. Noch immer sind 46 Turnhallen als Notunterkünfte belegt, wie die Senatsverwaltung mitteilt. Dicht an dicht gedrängt stehen dort die Feldbetten von 5000 Asylbewerbern, getrennt nur durch Vorhänge oder Stellwände, die kaum Privatsphäre bieten. Die Schulen und Sportvereine müssen auf ihre Hallen seit gut einem Jahr verzichten. Mehr als zehntausend andere Asylbewerber leben in Gemeinschaftsunterkünften.
Einige dubiose Geschäftemacher profitierten
Hier zeigt sich, dass die Asylkrise auch dubiose Geschäftemacher und Betrüger angelockt hat. Im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das Sozialsenator Mario Czaja (CDU) unterstellt ist und zum Synonym für behördliches Versagen wurde, kam es zu Korruptionsfällen. Derzeit wird einem ehemaligen Lageso-Referatsleiter der Prozess wegen Bestechlichkeit gemacht. Der Beamte soll mehr als 120.000 Euro Schmiergeld von zwei Sicherheitsfirmen angenommen haben, denen er Aufträge für die Bewachung von Asylheimen zuschanzte. Die Sicherheitsfirmen ihrerseits sollen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 2 Millionen Euro hinterzogen haben.
Kriminelle Zustände sind auch bei zwei großen Betreibern von Asylbewerberheimen aufgeflogen. Anfang September kam es zu Razzien in 36 Geschäftsräumen und Unterkünften der Betreibergesellschaften Pewobe und Gierso. Ihnen wird Abrechnungsbetrug vorgeworfen. „Wir gehen von einer Schadenshöhe von 3 Millionen Euro aus“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die beiden Gesellschaften sollen dem Land Rechnungen für Leistungen in Flüchtlingsheimen gestellt haben, die sie nie erbracht haben. In diesem Zusammenhang wird auch gegen acht ehemalige Mitarbeiter des Lageso ermittelt. Gierso, die fünf Gemeinschaftsunterkünfte mit 900 Bewohnern betreibt, zeigte sich überrascht. Die Pewobe sprach von Abrechnungsfehlern der Behörde.
Mancher machte sehr plötzlich Gewinn
In Berlin ist es inzwischen ein offenes Geheimnis, dass die Flüchtlingskrise von Geschäftemachern als Chance für unverhoffte Gewinne genutzt wurde. „Einige Makler wurden so zu Millionären“, sagt ein Beamter aus der Senatsverwaltung. Der Eigentümer eines ehemaliges Boardinghouses am Spree-Ufer, nur wenige Gehminuten vom Potsdamer Platz gelegen, ließ sich vom Senat eine Quadratmeter-Miete von 16 Euro zahlen – fast das Doppelte der sonst ortsüblichen Kaltmiete. Die Stadt stand so extrem unter Druck, schnell Unterkünfte für Flüchtlinge und Migranten zu finden, dass sie bereit war, solche Preise zu zahlen. Insgesamt kassiert der Eigentümer des Boardinghauses 360.000 Euro Jahresmiete. Hunderte Asylbewerber wurden in Hostels zum Preis von bis zu 50 Euro je Nacht untergebracht. Anfang 2016 verhandelte der Senat mit einer Hotelkette über die mehrjährige Anmietung von bis zu 10.000 Plätzen in Mittelklassehotels. Nach öffentlicher Empörung über die Kosten wurden die Verhandlungen abgebrochen.