Trennbankensystem : Vorteil Goldman Sachs
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Das Hauptquartier von Goldman Sachs steht in Manhattan. Bild: dpa
Donald Trump spricht darüber, Großbanken zu zerschlagen. Das gefällt sogar linksliberalen Politikern. Spekuliert wird aber auch über eine ganz andere Folge so einer Regelung.
Eigentlich hatte sich Donald Trump als Finanzminister Jamie Dimon gewünscht, den Vorstandsvorsitzenden der amerikanischen Großbank JP Morgan Chase, unter deren Dach sich das traditionelle Einlagen- und Kreditgeschäft mit dem Investmentbanking verbindet.
Als Dimon absagte, machte Trump mit Steven Mnuchin einen ehemaligen Mitarbeiter der Investmentbank Goldman Sachs zum Finanzminister, dessen Vater bereits Partner des Geldhauses gewesen war in den sechziger Jahren. Zudem engagierte Trump mit Gary Cohn ein aktives Vorstandsmitglied von Goldman Sachs als Leiter seines Wirtschaftsberaterstabes.
Nun sind gut 100 Tage vergangen seit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten und er spricht offen darüber, Großbanken zu zerschlagen. Seine Ankündigung macht sofort Schlagzeilen. Denn damit bestätigt sich der Inhalt eines Treffens zwischen ebenjenem Gary Cohn und amerikanischen Kongressabgeordneten Anfang April. Da hatte Cohn sich ganz ähnlich geäußert.
Konkret geht es nun offenbar darum, ein Gesetz wieder einzuführen, dass es schon einmal gegeben hat. Es ist unter dem Namen „Glass-Steagall“-Act bekannt und stammt aus den dreißiger Jahren. Washington brachte es damals als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise und die „Große Depression“ auf den Weg.
Nervige Regeln
Danach mussten Banken das Kreditgeschäft mit Privatkunden strikt vom Investmentbanking trennen. Das Gesetz wurde im Jahr 1999 aufgehoben auf Drängen einflussreicher Vertreter der Finanzbranche hin. Infolge der Finanzkrise sprachen sich vornehmlich linksliberale Fachleute wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz dafür aus, es wieder einzuführen. In der amerikanischen Politik wirbt beispielsweise die demokratische Abgeordnete Elizabeth Warren schon länger dafür, die sich einen Namen gemacht hat als scharfe Kritikerin der Wall Street.
Umso überraschter sind Teil der Bankenbranche und die Öffentlichkeit nun, dass ausgerechnet der Republikaner Trump und der frühere Goldman-Manager Cohn dieser Regelung das Wort reden (wobei darüber reden und ein Gesetz machen natürlich ein wichtiger Unterschied ist). Wie kommt es aber nun, dass eine Regelung offenbar sowohl linksliberale als auch konservative Politiker und zumal solche mit Regierungsverantwortung für so interessant finden, dass sie hochoffiziell darüber sprechen?
Spekulationen machen natürlich schon die Runde. Viele Beobachter halten für glaubwürdig, dass auch die Administration Trump nicht möchte, dass Banken künftig noch einmal umfangreich mit Steuergeld saniert werden müssen. Das Trennbankensystem gilt als Instrument, das womöglich einen Beitrag in dieser Hinsicht leisten kann.
Mehr Eigenkapital, weniger Spekulation auf eigene Rechnung
Je nachdem, wie Trump, Cohn und Mnuchin ihre Trennbankenidee ausgestalten (sofern sie das überhaupt tun), könnte sich allerdings auch eine andere Folge ergeben: Weniger Vorschriften und Anforderungen für Wall-Street-Häuser wie Goldman Sachs. Die Regelung könnte ein „Cover bereitstellen für andere Aktionen, die charakterisiert werden könnten als 'unangemessen günstig für die Wall Street'“, sagte die anerkannte Banken-Expertin Karen Petrou neulich dem Finanzdienst Bloomberg.
Darum geht es: Infolge der Finanzkrise hat die amerikanische Regierung viele neue Regeln für die Banken beschlossen, die unter dem Namen „Dodd-Frank“ bekannt und Gesetz wurden. Banken müssen beispielsweise mehr Eigenkapital vorhalten, müssen sich strenger beaufsichtigen lassen und dürfen teils weniger auf eigene Rechnung handeln an den Börsen.
Zurück in die scheinbar heile Finanzwelt?
Amerikanischen Investmentbanken, auch Goldman Sachs, haben sich nach Beginn der Finanzkrise etwa in Bank-Holding-Unternehmen umgewandelt, um Zugang zu bestimmten Hilfskrediten der Notenbank Federal Reserve zu bekommen. Dafür müssen sie eine strengere Aufsicht akzeptieren. Gerne, so heißt es, würden diese Geldhäuser den Status wieder loswerden, aber eine bestimmte Regelung verhindert dies: Sie ist in der Branche unter dem Spitznamen „Hotel California provision“ bekannt - wie im entsprechenden Hit der „Eagles“ können Banken ihren Holding-Status zwar ändern, aber eben nicht mehr aus der Regulierung rauskommen („you can check out any time you like, but you can never leave!“) .
Trump könnte, so geht diese Spekulation weiter, zum Beispiel eine Trennbankenregel präsentieren, um zu demonstrieren, dass er die Risiken des Finanzsystems eingrenzen will - und im Gegenzug eben bestimmte Regeln wieder zurücknehmen, die infolge der Finanzkrise als notwendig erachtet worden waren.
Kaum jemand in der amerikanischen Bankenwelt dürfte davon so sehr profitieren wie Goldman Sachs. Dass es auch für die übrigen Großbanken vielleicht gar keine dramatischen Folgen hätte, zeigen bislang zumindest deren Aktienkurse: Sie haben nach Trumps Äußerungen sogar tendenziell zugelegt.
Klar ist aber auch: Man kann die Idee eines Trennbankensystems im 21. Jahrhundert sinnvoll diskutieren. Aber einen Weg zurück in die scheinbar heile Finanzwelt der frühen Nachkriegszeit wird es nicht mehr geben, selbst wenn aus Trumps Ankündigung ein konkretes Zerschlagungsprojekt für Großbanken wird. Dafür sorgt schon die Existenz vieler nur wenig regulierter Schattenbanken, deren Bedeutung früher viel geringer war.