Schulden, Steuern, Zölle : Die Logik der Trumponomics
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Seine währungspolitischen Vorstellungen hat Donald Trump bisher noch nicht konkretisiert. Doch bei seinen Äußerungen muss man aufhorchen. Bild: AP
Die Wirtschaftspolitik des amerikanischen Präsidenten könnte kurzfristig die gewünschten Effekte erzielen. Auf lange Sicht ist sie schädlich - was blüht uns dann? Ein Gastbeitrag.
Donald Trump hat versprochen, er werde der größte Jobgenerator sein, den die Welt je gesehen habe. Mittlerweile beginnt sich abzuzeichnen, wie der neue Präsident dieses Versprechen einlösen will: durch kreditfinanzierte Ausweitung der Staatsausgaben kombiniert mit strategischer Handelspolitik. Langfristig werden die Schäden dieser Wirtschaftspolitik für die Vereinigten Staaten enorm sein, aber kurzfristig können sie genau die gewünschten Effekte erzielen und Trump als strahlenden Helden erscheinen lassen.
In der Fiskalpolitik ist das Manöver einfach zu durchschauen. Schon vor vielen Jahren haben die Ökonomen Alberto Alesina und Guido Tabellini beschrieben, wie demokratisch legitimierte Regierungen exzessive Defizite fahren können, um politische Freunde zu begünstigen und die eigene Agenda zu finanzieren. Die Schuldentilgung wird einfach den Amtsnachfolgern überlassen. In einem normalen Umfeld durchschauten die Gläubiger, also die Käufer der Staatsanleihen, das perfide Spiel und verlangten höhere Zinsen.
Außerdem würde eine Partei, die das Rad überdreht, langfristig an Glaubwürdigkeit verlieren. Aber als besonders langfristig planender Politiker ist Trump bislang nicht aufgefallen. Und überhaupt ist das derzeitige Umfeld nicht normal. Das Zinsniveau ist beispiellos niedrig, so dass ein gewisser Anstieg durch exzessive Fiskalpolitik verkraftbar ist. Dieser wird auch nur allmählich einsetzen, was Trump in die Hände spielt. Der fiskalische Stimulus und die dadurch geschaffenen Arbeitsplätze können schnell kommen. Über den Rest kann man sich später Gedanken machen und einstweilen auf ein ökonomisches Wunder hoffen.
Kurzfristig wie ein Konjunkturpaket
Die flankierenden Pläne in der Handelspolitik folgen im Kern derselben Logik. Öffentlichkeitswirksam wurden Konzerne wie BMW darauf hingewiesen, dass sie Produkte für den amerikanischen Markt gefälligst in Amerika und nicht in Mexiko produzieren sollen. Ansonsten droht ein Einfuhrzoll. In die gleiche Richtung geht die Reform der Körperschaftsteuer, die sich in der Diskussion abzeichnet. Hier wären Ausgaben für importierte Vorleistungen nicht mehr steuerlich abzugsfähig, während erzielte Exporterlöse nicht mehr besteuert würden. Ökonomisch wirkt diese „Grenzausgleichsabgabe“ quasi wie ein Importzoll bei gleichzeitiger Exportsubvention.
Trump macht es vor : Was ist Protektionismus?
Abgesehen davon, dass diese Politik ein Desaster für viele amerikanische Konzerne wäre, die existentiell von globalen Wertschöpfungsketten abhängen: Kurzfristig ist es möglich, dass sie wie ein Konjunkturpaket für den heimischen Arbeitsmarkt wirkt, weil extreme Anreize für heimische Produktion geschaffen werden. Die amerikanische Jobmaschine springt an, insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe.
Dieses ist räumlich konzentriert im Mittleren Westen, wo Trump die entscheidenden Stimmen für seinen Wahlerfolg eingesammelt hat. Kurzfristig löst er also seine Wahlkampfversprechen ein. Im gleichen Atemzug würde sich das große amerikanische Handelsbilanzdefizit (und spiegelbildlich dazu der deutsche Überschuss) verkleinern, der ebenfalls zunehmend auf den Radar der neuen Führung in Washington gerät.
Mittelfristig tragfähig ist diese Politik nicht. Weder der Importzoll noch die Grenzausgleichsabgabe sind kompatibel mit geltendem Recht der Welthandelsorganisation (WTO), mit dem amerikanisch-mexikanischen Freihandelsabkommen Nafta schon gar nicht. Das muss Trump aber zunächst nicht interessieren. Internationale Handelsregeln können nicht verbindlich durchgesetzt werden. Sie haben nur so lange Bestand, wie sich die Mitglieder freiwillig daran halten.
Europa, China und nicht zuletzt Mexiko werden die Regelverletzung durch die Vereinigten Staaten natürlich bei der WTO anzeigen und aller Voraussicht nach auch recht bekommen. Sie hätten dann das Recht, ihrerseits mit Strafzöllen auf amerikanische Importe zu reagieren und die amerikanische Jobmaschine dadurch wieder ins Stottern zu bringen. Der Handelskrieg wäre eröffnet, der langfristig einfach zu geringeren Handelsvolumina und dadurch zu weniger statt zu mehr Arbeitsplätzen führt. Bis es so weit ist, vergeht erst mal Zeit, in der sich Trump in seinen vermeintlichen Erfolgen sonnen kann.
Ein weiterer Kanal, der zu bedenken ist, ist der flexible Wechselkurs des Dollars gegenüber den anderen internationalen Leitwährungen. Die zunächst einsetzende Beschäftigungsexpansion in den Vereinigten Staaten läuft auf eine Stärkung des Dollars hinaus. Durch dessen Aufwertung würde aber der Abbau des Leistungsbilanzdefizits wieder kassiert und die neu geschaffenen Industriearbeitsplätze gleich mit.
Bringt Trump so einen Exportanreiz auf den Weg?
Seine währungspolitischen Vorstellungen hat Trump bisher noch nicht konkretisiert. Aber man muss aufhorchen, wenn er davon spricht, dass er den Dollar insgesamt für zu stark hält („it is killing us“). Man kann diese Aussage nur so verstehen, dass er seine geplante Handels-, Steuer- und Fiskalpolitik noch um gezielte Währungsmanipulationen ergänzen will, die den Dollar künstlich verbilligen. China hat das schließlich mit seiner Währung auch jahrelang so gemacht.
Bei solchen Abwertungsspiralen greift wiederum dieselbe Logik. Langfristig bringen sie nichts, denn die anderen Länder werden irgendwann reagieren und die Effekte verpuffen. Aber kurzfristig kann ein einzelnes Land ein paar Arbeitsmarkterfolge mitnehmen, zumal wenn es so groß und mächtig ist wie die Vereinigten Staaten.
Die gesamte Grundlage dieser „Trumponomics“ scheint die Hoffnung zu sein, dass diese vorübergehende Phase möglichst lange andauert, weil die anderen Länder eingeschüchtert sind und stillhalten. Und wenn die negativen Folgen für die Vereinigten Staaten schließlich doch sichtbar werden, wird den Kommunikationsstrategen im Trump-Lager schon etwas einfallen. Zur Not findet sich dann auch eine elegante Exit-Strategie für den Präsidenten, um die Probleme bei einem Nachfolger abzuladen und dann im Stundentakt über dessen Versagen zu twittern.