Notenbank-Entscheidung : Die Märkte täuschen sich in der EZB
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EZB-Präsident Mario Draghi Bild: Reuters
Die Zentralbank lockert ihre Geldpolitik weniger als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Der Euro wertet deutlich auf, die Kurse von Aktien und Anleihen geben stark nach. Doch nicht jeden hat Draghi überrascht.
Zumindest die Spezialisten der DZ Bank hatten es geahnt. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne die Märkte eigentlich nur enttäuschen, hatten sie vor der mit Spannung erwarteten Sitzung des Zentralbankrats am Donnerstag geäußert. So ist es auch gekommen. Noch im Verlauf der Pressekonferenz von EZB-Präsident Mario Draghi bahnten sich kräftige Kursveränderungen an. Der Wechselkurs von Euro und Dollar, den manche Experten schon in Richtung Parität von eins zu eins sinken sahen, sprang um gut 2 Prozent auf 1,08 Dollar. Am Aktienmarkt unterbrach der Dax seine Jahresendrallye brutal und gab gegenüber Mittwoch um rund 3 Prozent nach, nachdem er im Tagesverlauf sogar deutlich im Plus gelegen hatte. Nunmehr befindet er sich wieder unter der Marke von 11.000 Punkten. Am Anleihemarkt stiegen die Renditen deutlich.
Die Spezialisten der DZ Bank hatten vor der Sitzung des Zentralbankrats auch schon festgelegt, wer für eine Enttäuschung der Märkte verantwortlich sei: Die Kommunikation der EZB habe sich in eine Sackgasse manövriert. Richtig ist, dass führende Vertreter der Zentralbank wie ihr Präsident Draghi und Chefökonom Peter Praet schon seit Wochen die Erwartung auf eine Lockerung der Geldpolitik geschürt hatten. So hatte Draghi am 20. November gesagt, die EZB müsse alles tun, um die Inflationsrate auf die gewünschte Höhe von annähernd 2 Prozent zu bringen.
Aber auch die Teilnehmer der Märkte, an denen die Spekulationen ins Kraut geschossen waren, sind an der Ernüchterung nicht unbeteiligt. Vor der EZB-Sitzung war aus zahlreichen Finanzhäusern zu hören, Draghi habe in der Vergangenheit immer mehr geliefert als vom Markt erwartet und dies könne dieses Mal nicht anders sein. Das war eine Täuschung.
Nur wenige Milliarden im Monat
So gingen viele Marktteilnehmer, darunter die Commerzbank, ohne konkrete Hinweise der Zentralbank einfach davon aus, dass die EZB den Einlagenzins von minus 0,2 auf minus 0,35 oder 0,4 Prozent senken werde. Sie bekamen eine Senkung von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent. Viele gingen davon aus, dass die EZB das monatliche Volumen der Anleihekäufe von 60 Milliarden Euro auf 70, 75 oder noch mehr Milliarden steigern würde. Alles, was sie von der EZB bekamen, war die Zusage, dass die EZB die Zinserträge auf ihre Anleihen reinvestieren wird.
Dies dürften aber nur wenige Milliarden Euro im Monat sein. Alles, was die Marktteilnehmer entsprechend ihren Erwartungen bekamen, war die Verlängerung des Anleihekaufprogramms von September 2016 auf März 2017, verbunden mit der üblichen Einschränkung Draghis, dass die Zentralbank dieses Programm flexibel handhaben könne.
Draghi habe zwar gesagt, dass weitere geldpolitische Lockerungen möglich seien, hieß es bei Berenberg. „Allerdings, anders als bei früheren wichtigen Entscheidungen der EZB, war die Begründung für die heutige Lockerung nicht eindeutig und die Debatte ist anscheinend ziemlich kontrovers verlaufen. Wir erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr moderat beschleunigt. Wenn dem so ist, sollte es über die heutige Entscheidung hinaus keinen Anlass für eine weitere Lockerung geben“, meinte Chefökonom Holger Schmieding. Auch Holger Sandte von der skandinavischen Großbank Nordea erwartet keine weitere Lockerung mehr von der EZB.