Österreichs Finanzminister : „Schottland wird nicht gehen“
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Die Engländer haben mehrheitlich für einen EU-Austritt gestimmt, die Schotten für einen Verbleib: Treten sie nun aus dem Vereinigten Königreich aus? Bild: Astrid Ludwig
Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach die Briten am Ende doch nicht aus der EU austreten. Sehr deutlich äußert sich der österreichische Finanzminister - keiner, der für wilde Spekulation bekannt ist.
„Brexit means Brexit.“ Die designierte britische Premierministerin Theresa May wiederholte diese Aussage in den vergangenen Tagen mehrfach und fügte jeweils hinzu, dass es kein zweites Referendum über die EU in Britannien geben werde und auch keine vorgezogenen Wahlen.
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Der Grund dafür, dass sie das extra betont, dürfte darin liegen, dass sich hartnäckig Spekulationen halten, wonach Großbritannien womöglich am Ende doch Mitglied der EU bleiben könnte - sei es, weil das Referendum juristisch nicht bindend oder eine große Minderheit eben nicht dafür ist, die EU zu verlassen. Zu Wochenbeginn haben beispielsweise rund 1000 Anwälte in Britannien ein Schreiben aufgesetzt und darin ihre Auffassung geäußert, dass ein EU-Austritt illegal sei, wenn nicht das britische Parlament darüber abgestimmt habe.
Ungewöhnlich deutlich äußerte sich am Montag auch der nie um klare Worte verlegene konservative österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er halte es für wahrscheinlich, dass nur Teile Großbritanniens die EU verlassen werden und sprach von einem „Brexit light“. „Schottland wird nicht gehen, Nordirland wird wahrscheinlich in der Union bleiben und Großbritannien wird vermutlich Kleinbritannien werden.“
Schelling ist nicht dafür bekannt, wilde Spekulationen zu verbreiten. Aus der Zeit des Schuldenstreits zwischen Griechenland und dessen Gläubigern ist er in Erinnerung als einer derjenigen geblieben, die sich - ähnlich wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - stets skeptisch-zurückhaltend zu Wort meldeten; außer dann, wenn tatsächlich eine Lösung gefunden worden war.
Referendum : Schotten hoffen auf Unabhängigkeit nach Brexit
Im Rahmen des Treffens der Finanzminister der Währungsunion am Montag mahnte Schelling, die neue britische Regierung müsse nun möglichst schnell entscheiden, ob sie tatsächlich den Brexit wolle oder nicht. „Niemand braucht eine lange Periode der Unsicherheit - weder Großbritannien noch Europa.“ Ähnlich äußerte sich der niederländische Finanzminister und Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem. „Je schneller wir diese - diplomatisch gesagt - problematische Situation regeln können desto besser.“
Der scheidende britische Premierminister David Cameron hat angekündigt, die Erklärung des EU-Austritts seinem Nachfolger zu überlassen. Zunächst sollte dieser im September gekürt werden, nun wird die bisherige Innenministerin Theresa May schon an diesem Mittwoch neue Regierungschefin. Sobald Großbritannien den Austritt formal erklärt, beginnt eine zweijährige Frist, in der beide Seiten die Entflechtung ihrer komplexen Beziehungen aushandeln.