Ausbildung : Lehrstellen für alle
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Lehrlinge sind gefragter denn je. Durch die steigende Zahl der Studierenden suchen viele Betriebe händeringend Auszubildende. Bild: iStock
Noch nie waren die Einstellungschancen für Lehrlinge so gut wie heute. Unternehmen locken mit vielen Anreizen. Selbst mittelmäßigen Schülern stehen die Türen offen.
Damit hatten weder Magdalena noch ihre Eltern gerechnet. Genau drei Bewerbungsschreiben hatte die bayerische Realschülerin im vergangenen Herbst verschickt. Dreimal war sie zu einem Gespräch eingeladen worden. Und unter drei Ausbildungsplätzen konnte sie schlussendlich wählen. Sie wählt die Lehrstelle bei einem Möbelproduzenten.
„Ich hatte fast das Gefühl, die Unternehmen würden sich um mich bewerben, auch wenn ich nun wirklich nicht die Beste meiner Klasse bin“, berichtet sie - noch immer einigermaßen verwundert. Wie so viele will sie Industriekauffrau werden. In der Schule hatten die Lehrer gewarnt: Das wolle jeder, es könne schwierig werden. Aber das stimmte nicht mehr.
Denn die Zeiten eines nahezu chronischen Lehrstellenmangels gehören der Vergangenheit an. Jetzt, kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. August und 1. September, zeigt sich: Am Ausbildungsmarkt hat sich - in erster Linie wegen der sinkenden Jahrgangsstärken - ein Paradigmenwechsel vollzogen. Und Magdalena kommt ausgerechnet auch noch aus dem Teil der Republik, wo dieser besonders stark zu spüren ist: aus dem Süden.
In den wirtschaftsstarken Regionen wird der Nachwuchs wirklich knapp. Aber auch im Osten Deutschlands, wo sich die Geburtenzahlen halbiert haben. In Hessen und Nordrhein-Westfalen sieht es für die Unternehmen dieses Jahr wegen der doppelten Abitur-Jahrgänge etwas besser aus - ein Einmaleffekt.
Die Wirtschaft ist alarmiert, weil die guten Auszubildenden von heute die gefragten Facharbeiter von morgen sind. „Es werden wohl um die 70.000 unbesetzte Lehrstellen sein“, klagte der neue DHIK-Präsident Eric Schweitzer vor kurzem in dieser Zeitung. Ob es tatsächlich so kommt, weiß heute niemand, weil zu Beginn des Ausbildungsjahres noch viel passiert.
Die Bewerbungszeiten haben sich deutlich verkürzt
Der Berufsbildungsbericht liefert dazu noch bemerkenswertere Zahlen: Im Vergleich zu 2005 liegt jetzt die Zahl der Schulabgänger, die nicht zum Studium berechtigt und damit potentielle Lehrlinge sind, um nahezu 170.000 im Jahr niedriger. Die Wirtschaft rechnet im kommenden Jahr mit 65.000 Schulabgängern weniger.
Das Leid des einen ist die Chance des anderen. Aus Perspektive der Jugendlichen wird es immer besser. Schon heute werden fast alle gebraucht - nicht nur die leistungsstarken. „Du hast die Zukunft! Wir haben den Plan“, ist auf Plakaten und auf Tablettauflegern in den Filialen von McDonald’s zu lesen. Auffällig offensiv wirbt der Konzern um jeden Schulabgänger. Die Zahl der Azubis ist auch bei McDonald’s gesunken - allerdings nicht, weil das Unternehmen weniger ausbilden will. Von 1000 angebotenen Ausbildungsplätzen im Jahr 2012 konnten nur 700 besetzt werden.
Beste Chancen für junge Menschen gibt es auch im Handwerk oder in der Elektroindustrie. Bei Kathrein etwa, dem Weltmarktführer für Antennentechnologie, gibt man sich zwar noch gelassen. „Wir haben als Ausbilder einen recht guten Namen und daher noch genügend Bewerbungen“, heißt es dort. Doch würde es künftig schwieriger. Für seine Azubis legt sich der Konzern richtig in Zeug. Erklärtes Ziel ist es nämlich, dass 40 Prozent der Azubis später ein Studium aufnehmen. Und auch McDonald’s hat für jede Art von Schulabgänger tatsächlich ein Programm - für Hauptschüler ein anderes als für Abiturienten. Beide Unternehmen sind keine Einzelfälle.