Auf Jahrestagung : Steuerberater gegen höhere Hürden für Selbstanzeige
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Seit der Selbstanzeige von FC-Bayern-Chef Uli Hoeneß wird über strengere Vorschriften für Selbstanzeigen diskutiert. SPD und Grüne fordern höhere Hürden. Die Steuerberater sind dagegen.
Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, hat die Politik davor gewarnt, die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige nach einer Steuerhinterziehung übermäßig einzuschränken. „Der Grundsatz, sich in einem Strafverfahren nicht selbst belasten zu müssen, darf nicht in Gefahr geraten“, sagte Mellinghoff am Montag auf dem Deutschen Steuerberatertag in Berlin. Die CDU hatte nach dem Bekanntwerden der Selbstanzeige von FC-Bayern-Chef Uli Hoeneß eine ranghohe Arbeitsgruppe eingesetzt, die seither strengere Vorschriften prüft. SPD und Grüne fordern höhere Hürden für Selbstanzeigen oder sogar deren Abschaffung.
Wer sich selbst anzeige, mache dabei umfassende Angaben in der Erwartung einer Straflosigkeit, sagte Mellinghoff vor rund 1300 Steuerberatern. Daher sei es von entscheidender Bedeutung, vorher genau zu wissen, für welche Zeiträume und Steuerarten keine Straffreiheit zu erlangen sei. Der frühere Bundesverfassungsrichter forderte außerdem den Bundestag dazu auf, die letzte Verschärfung aus dem Jahr 2011 zu lockern, weil in der Betriebspraxis Fehler bei der Voranmeldung von Umsatzsteuern nicht zu vermeiden seien. „Eine solche Kriminalisierung von etlichen Unternehmern kann nicht gewollt sein und muss vom Gesetzgeber schnellstmöglich beseitigt werden.“
Auch der neue Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, Harald Elster, wandte sich gegen eine Abschaffung oder „maßgebliche Verschärfung“ der Selbstanzeige. Es müsse einen Unterschied machen, ob jemand, der gegen das Steuerrecht verstößt, umkehrt – „oder ob er es drauf ankommen lassen will“. Schon jetzt sei das Klima in Betriebsprüfungen rauher geworden. Statt die innerstaatlichen Regeln weiter zu verschärfen, solle die internationale Zusammenarbeit verbessert werden. „Der flächendeckende Ausbau des automatisierten Informationsaustauschs ist ein wichtiger erster Schritt.“
Verband fordert Abbau der „kalten Progression“
Elster äußerte die Befürchtung, das Thema Steuererhöhung sei in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD noch nicht „aus der Welt“. Dahinter stehe ein Trend zu einer immer stärkeren Bevormundung der Bürger durch die Politik. In die falsche Richtung ginge auch die Einführung einer Vermögensteuer.
Nachdrücklich forderte der Verbandspräsident einen Abbau der „kalten Progression“. Dies sei keine Steuersenkung, sondern eine Anpassung des Steuertarifs, um weitere heimliche Erhöhungen zu vermeiden. „So, wie derzeit Lohnerhöhungen wegbesteuert werden, frustriert das nicht nur die Leistungsträger der Gesellschaft.“ Elster sprach sich ferner für eine Reform der Umsatzsteuer aus; der Katalog der Ermäßigungen des Steuersatzes müsse überprüft werden. Ganz oben müssten in der neuen Legislaturperiode einige gescheiterte Vorhaben der alten Bundesregierung stehen – nämlich die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen von Buchhaltungsunterlagen, die Harmonisierung von Lohnsteuer und Sozialversicherung sowie die Anhebung von Pauschbeträgen auf die reale Wertsteigerung. Gefahren für seinen eigenen Berufsstand sieht Elster aus Brüssel heraufziehen: Die EU-Kommission verkenne die Bedeutung der Selbstverwaltung für die freien Berufe.