20 Jahre Umweltministerium : Warum Klaus Töpfer wirklich den Rhein durchschwamm
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Schutzanzug und Schwimmflossen: Töpfers historischer Sprung, Mai 1988 Bild: picture-alliance/ dpa
Zum 20. Geburtstag des Bundesumweltministeriums an diesem Dienstag - Walter Wallmann war der erste Amtschef - räumt Klaus Töpfer mit einer Legende auf. Sein Sprung in den Rhein entsprang einer verlorenen Wette.
Zum 20. Geburtstag des Bundesumweltministeriums an diesem Dienstag räumt der frühere Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) mit einer Legende auf: Er habe im Mai 1988, bekleidet mit Ganzkörperbadeanzug und roter Badekappe, den Rhein nicht durchschwommen, um die Sauberkeit des Flusses zu beweisen. Vielmehr habe er, damals noch Umweltminister in Rheinland-Pfalz, eine Wette gegen seinen Wahlkreisgegenkandidaten von der SPD verloren.
Dieser hatte Töpfer 1987 im rheinland-pfälzischen Wahlkampf vorgeworfen, daß man ihn nicht zu wählen brauche, da er ohnehin bald in Bonn Umweltminister würde. Töpfer verlor die Wette, denn der erste Bundesumweltminister Walter Wallmann (CDU) blieb nach seiner Ernennung am 6. Juni 1986 nur elf Monate im Amt; er löste im Mai des folgenden Jahres Holger Börner als hessischen Ministerpräsidenten ab. Keine hohe Meinung von Wallmann soll der heutige Umwelt-Staatssekretär, der SPD-Politiker Michael Müller, gehabt haben. Wallmann habe von seinem Amt etwa soviel verstanden "wie ein Eskimofischer von der Bananenzucht", lästerte einst Müller.
Als Block 4 in Tschernobyl explodierte
Wenn sich an diesem Dienstag in Berlin viele Fachleute am Berliner Alexanderplatz zu einem Symposion treffen, dann müßte fast der 26. April 1986 als Geburtsstunde des Bundesumweltministeriums angesehen werden. An jenem Samstag explodierte Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl - in Deutschland folgten heftige Debatten über die friedliche Nutzung der Kernenergie. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl ernannte vor dem Hintergrund dieser Ereignisse am 6.Juni 1986 den damaligen Frankfurter Oberbürgermeister Wallmann zum ersten Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Zuvor hatten sich diese Zuständigkeiten auf mehrere Ressorts verteilt. Aus dem Innenministerium wurde die Abteilung Umweltangelegenheiten und Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen sowie Strahlenschutz ausgelagert. Aus dem Landwirtschaftsministerium kam die Unterabteilung Umwelt und Naturschutz und aus dem Familienministerium die gesundheitlichen Belange des Umweltschutzes, Strahlenhygiene und die Aufsicht über Rückstände von Schadstoffen in Lebensmitteln und Chemikalien hinzu. Der Kanzler erklärte damals: "Mir geht es vor allem um die Konzentration der Zuständigkeiten und Kompetenzen."
Als die Grünen gegründet wurden
Doch das Umweltministerium war nicht nur eine Reaktion auf die Katastrophe in Tschernobyl. Auch die Gründung der Partei der Grünen am 13.Januar 1980 und deren wachsender Erfolg ließen es Kohl notwendig erscheinen, etwas entgegenzusetzen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Reinhard Loske, schreibt im jüngst zum Geburtstag des Ministeriums erschienenen Buch "Die Umweltmacher": "Heute läßt sich sagen, daß der umweltpolitische Glaubwürdigkeitsverlust der Altparteien und besonders der Sozialdemokraten in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Aufstieg der Grünen war." Doch sollte es bis 1998 dauern, daß Jürgen Trittin als erster Grünen-Politiker das Ministerium übernahm. Zuvor löste 1994 die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel Töpfer im Amt ab. Dieser hatte mehr Kompetenzen für das Umweltressort gefordert, was Kohl mißfiel. Er versetzte Töpfer ins Bauministerium.
Trittin habe sich jedoch bis zu seiner Berufung ins Kabinett, wie Loske schreibt, noch keinen Ruf als ausgewiesener Umweltpolitiker erworben. Er habe sich eher mit Daten- als mit Umweltschutz befaßt. Doch Trittin sagt von sich selbst, daß "ich als jugendlicher Pfadfinder bereits die Liebe zur Natur entdeckt habe". Scheinbar waren Trittins Jugenderlebnisse prägend, stellt Loske ihm doch ein gutes Zeugnis aus: Trittin werde oft nicht zu Unrecht als erfolgreichster Minister im Kabinett Schröder bezeichnet.
Viel erreicht
Mit der Abwahl der rot-grünen Bundesregierung ging auch die Amtszeit von Trittin zu Ende. Sigmar Gabriel, erster SPD-Umweltminister, wurde am 22. November vergangenen Jahres vereidigt. Anders als seinem Vorgänger Töpfer nachgesagt, muß er nicht mehr Flüsse durchschwimmen, um deren Sauberkeit zu demonstrieren. Hier ist in den vergangenen zwanzig Jahren viel erreicht worden. Gabriel hat auf dem Weltklimagipfel in Montreal im vergangenen Dezember den "Lukas" gehauen und so schlagkräftig bewiesen, daß er den Planeten retten wolle. Aus der nationalen wird heute immer mehr eine internationale Umweltpolitik. Gabriel sagt, er müsse - im Gegensatz zu Trittin - als SPD-Politiker die ökologische und die ökonomische Seite bei Entscheidungen beachten. Die Zeiten grüner Maximalforderungen seien zu Ende, folgert der Bundesumweltminister.