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Steffi Lemke, 54, Bundesministerin für Umwelt und Verbraucherschutz. Bild: Getty

Atomkraft : Die Getriebene

Umweltministerin Steffi Lemke hält in der Atomdebatte grüne Prinzipien hoch. Wie lange noch?

          7 Min.

          Es kommt in dieser Wahl­periode nicht jeden Tag vor, dass die Umweltministerin auf der ganz großen Bühne sitzt. Anfang Juni war es so weit, Steffi Lemke präsentierte gemeinsam mit ih­rem grünen Kollegen aus dem Wirtschaftsressort das Gesetz über den Ausbau der Windenergie an Land. Für Robert Habeck war es ein eher angenehmer Termin. Er konnte sich einmal mehr als Pragmatiker präsentieren, der für hehre Ziele wie die Klimarettung oder die Unabhängigkeit von Putins Gas auch mal Glaubenssätze der eigenen Partei über Bord wirft, etwa beim klassischen Naturschutz und beim Ar­tenschutz.

          Für Lemke gestaltete sich die Sache weniger schön. Schließlich ist sie, seit Habeck und die grüne Ko-Spitzenfrau Annalena Baerbock die Zuständigkeit für die Klimapolitik unter sich aufteilten, vor allem dafür zuständig: für den klassischen Natur- und Artenschutz. Nun warfen ihr die Befürworter zusätzlicher Windräder vor, sie habe das neue Gesetz durch ihre Einwände unnötig hi­nausgezögert, und die Naturschutzverbände schimpften. Sie rechtfertigt sich damit, die größte Bedrohung der Artenvielfalt sei doch gerade der Klimawandel, weshalb der Widerspruch am Ende keiner sei: „Dass es von beiden Seiten Kritik gibt, liegt in der Na­tur der Sache.“

          Ganz so einfach wird es diesmal nicht mehr sein. Denn nun geht es um ein Symbolthema, das die Geschichte der Grünen prägte wie kaum ein anderes: um die Atomkraft, deren zivile Nutzung in Deutschland eigentlich am 31. Dezember enden soll. Und wieder ist Lemke mittendrin. Seit dieser Woche zeichnet sich ab, dass zumindest der bayerische Meiler Isar 2 noch ein Weilchen länger laufen könnte. Zwar verweisen die Be­teiligten auf einen zweiten Stresstest zur Verlässlichkeit der Stromversorgung, dessen Ergebnisse in ein paar Wo­chen vorliegen sollen, entschieden werde erst danach.



          Kein kategorisches Nein

          Ralph Bollmann
          Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Aber niemand mehr schließt ein solches Szenario kategorisch aus, auch Lemke nicht. „Wenn der Stresstest er­gibt, dass Bayern tatsächlich ein ernsthaftes Strom- beziehungsweise Netzproblem haben könnte, dann werden wir diese Situation und die dann be­stehenden Optionen bewerten“, sagt sie jetzt. Eigentlich ist sie im Urlaub, telefoniert aber viel in diesen Tagen. Nach einem kategorischen Nein klingt das nicht mehr.

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