Fundament oder Fetisch?
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Am 7. Februar 1992 unterzeichneten Hans-Dietrich Genscher und Theo Waigel den Maastrichter Vertrag. Hinterfragt wird er schon lange von vielen. Bild: dpa
Die im Maastrichter Vertrag vereinbarte Währungsunion beruhte auf einem gegenseitigen Versprechen der Euro-Staaten: Sie bekannten sich im Stabilitätspakt zur Haushaltsdisziplin. Das Versprechen gilt nicht mehr viel. Ist es überholt?
Für Emmanuel Macron geht es mal wieder ums große Ganze. Zum Jahresbeginn hat Frankreich den EU-Ratsvorsitz übernommen, und da sind große Räder zu drehen. Europa müsse sich endlich von „alten Tabus und Fetischen“ verabschieden, sagte der französische Präsident aus diesem Anlass. Der Fetisch, den Macron meint, ist die Idee, dass die Eurostaaten nicht unbegrenzt Schulden machen dürften und dass die EU-Kommission den Ländern auf die Finger schauen soll. Altmodisch ist das, findet Macron, aus den Neunzigerjahren stammend. Der Staat brauche Geld, um Investitionen zu finanzieren – und überhaupt: Dass ein souveräner Staat in seinem Ausgabengebaren durch Brüsseler Vorgaben eingeschränkt wird, gilt in Paris ohnehin als befremdlich. Der Fetisch, von dem sich Macron befreien will, ist der Stabilitätspakt, den die EU im Maastrichter Vertrag von 1992 beschlossen hat, um den Euro einführen zu können.
Otto Graf Lambsdorff kannte Macron noch nicht, als er vor genau 30 Jahren, im Januar 1992 in der F.A.Z. einen skeptischen Artikel schrieb. „Der Pakt von Maastricht muss sich noch bewähren“, war der überschrieben. Der damalige FDP-Vorsitzende wollte an den Erfolg der Währungsunion glauben, schließlich unterstützte seine Partei den Maastrichter Vertrag. Er lobte, dass sich die EU-Staaten zu „strikter Haushaltsdisziplin verpflichtet“ hätten, dass die Europäische Zentralbank so unabhängig wie die Bundesbank sein werde und dass der Maastricht-Vertrag auf „finanzpolitische Solidität“ ausgerichtet sei.
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