Klimaaktivistin Greta Thunberg am Dienstagmorgen vor ihrem Auftritt in Davos. Bild: EPA
Das 50. Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos ist in diesem Jahr kein Grund zum Feiern. Die globale Elite der Wirtschaft fühlt sich unbehaglich.
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Unter den rund 2000 Gästen des Weltwirtschaftsforums werden sich nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg mindestens 119 Milliardäre befinden. Diese Zahl ist dazu angetan, das Bild des Weltwirtschaftsforums als eines Treffpunkts der Reichen und Mächtigen zu festigen, auch wenn sich der Forumsgründer Klaus Schwab und seine Mitstreiter seit Jahren, und nicht ohne Erfolg, darum bemühen, auch Vertreter der Zivilgesellschaft nach Graubünden einzuladen.
Der globalen Wirtschaftselite geht es, rein wirtschaftlich betrachtet, mindestens gut. Die Weltkonjunktur läuft seit Jahren ansehnlich, die Börsenkurse sind gestiegen und seit der Finanzkrise vor gut zehn Jahren ist die Weltwirtschaft von schweren Einbrüchen verschont geblieben. Nicht verschont geblieben sind die Davoser Stammgäste von der politischen und gesellschaftlichen Unrast, die den Globus ergriffen hat und die Schwab und seine Macher von Davos seit Jahren veranlasst, das Weltwirtschaftsforum als Ort zu preisen, an dem über eine der sozialen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit verpflichteten Welt gesprochen wird, die allen Menschen Recht und Mitsprache gewährt.
Schwabs Offensive gegenüber der Weltöffentlichkeit lockt in diesem Jahr zwar unter anderem Donald Trump nach Davos, aber Großbritanniens Premierminister Boris Johnson, der das Weltwirtschaftsforum vor Jahren einmal als „großes Zusammentreffen von Egos, die sich gewaltigen Orgien gegenseitiger Verherrlichung“ hingäben, bezeichnet hat, bleibt mit Verweis auf seine neue „Regierung des Volkes“ Graubünden ebenso fern wie seine Minister. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dessen Rentenreform auf hartnäckigen Widerstand in Teilen der Bevölkerung trifft, bleibt auch lieber zu Hause.
Das Megathema in den Schaltzentralen der Macht
Seit der Finanzkrise sorgen sich die Finanziers, Unternehmer und Manager in Davos um ihr öffentliches Image. In den ersten Jahren nach der Krise widmete sich das Forum sehr stark Fragen, wie eine neue Krise verhindert werden kann, in der noch einmal eine selbstverliebte und weltentrückte Finanzbranche großes Unheil erzeugt und sich anschließend von Regierungen und Zentralbanken auf Kosten der Allgemeinheit aus der Patsche helfen lässt.
Die neue Finanzkrise ist zwar ausgeblieben, aber es ist wohl nicht falsch, das Beben der Jahre 2008 und 2009 und seine Folgen als eine Quelle zu betrachten, aus der sich der politische Populismus unserer Tage speist. Mit dem Erstarken des Populismus und den Parolen seiner Apologeten, nach denen einer dem Volk entrückten globalen Elite das „wahre Volk“ entgegenstehe, geriet die wirtschaftliche Elite ein weiteres Mal in die Defensive. Nicht zufällig übertrafen sich gerade im vergangenen Jahr amerikanische Manager aus der Finanzbranche mit Forderungen nach Wandel. „Wenn wir den Kapitalismus nicht ändern, besteht die Gefahr, dass wir ihn für immer verlieren“, meint der Vorstandsvorsitzende der amerikanischen Großbank J. P. Morgan Chase, Jamie Dimon. Es sei leicht zu erkennen, warum gerade jüngere Menschen unter anderem wegen hoher Gesundheitskosten und einer schlechten Infrastruktur den Glauben an unser Wirtschaftssystem verlören.
Auch das Klima, das Megathema unserer Zeit, ist in den Schaltzentralen der amerikanischen Wirtschaftsmacht angekommen. Kaum zufällig kurz vor dem Weltwirtschaftsforum meldete sich der Vorstandsvorsitzende der weltgrößten Fondsgesellschaft Blackrock, Larry Fink, mit der Botschaft, die Unternehmen müssten sich stärker dem ökologischen Denken öffnen. Blackrock verwaltet rund sieben Billionen Dollar für seine Kunden und ist an nahezu allen wichtigen börsennotierten Aktiengesellschaften beteiligt.
Fink betont zwar, dass er mit seiner Forderung nicht zum Jünger Greta Thunbergs, deren öffentliche Bekanntheit nach einem Auftritt auf dem letztjährigen Weltwirtschaftsforum zugenommen hatte, geworden sei. Er äußere sich „nicht als Umweltschützer, sondern als Kapitalist“, bemerkt Fink. „Mehr und mehr Menschen glauben an den Klimawandel. Mehr und mehr Menschen sorgen sich um ihre Portfolios. Und wie sie sich über die nächsten zehn Jahre entwickeln.“ Auch andere große Vermögensverwalter wie die schweizerische Großbank UBS nutzen, zum Teil schon seit Jahren, das Weltwirtschaftsforum, um auf die erhebliche Bedeutung nachhaltiger Kapitalanlagen hinzuweisen. Greta Thunberg wird auch in diesem Jahr Davos als Bühne für ihre Anliegen nutzen.
Ein Thema, das dem Weltwirtschaftsforum wohl auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben wird, ist die politische Unsicherheit und ihre Auswirkung auf die Weltwirtschaft. Die strategische Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und China bliebe auch nach einem Handelsabkommen erhalten. Und nicht nur der Mittlere Osten dürfte unruhig bleiben. Davos werden die Themen nicht ausgehen.